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MOOR/055: Diepholzer Moorniederung - Wasser marsch (BUND MAGAZIN)


BUND MAGAZIN - 1/2019
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

Diepholzer Moorniederung
Wasser marsch

von Severin Zillich


Seit Jahrzehnten kümmert sich der BUND darum, die im Dreieck Hannover-Bremen-Osnabrück verbliebenen Hochmoore und ihre wertvolle Umgebung zu erhalten, zu renaturieren und zu vernetzen. Die industrielle Landwirtschaft und die Klimakrise erschweren die Schutzarbeit.

Von »ungemütlich« kann jetzt keine Rede sein. Scheußlich ist es - das Wetter, die Landschaft, alles! Zumindest für den, der nicht daran gewöhnt ist, an einem so widrigen Wintertag dauerhaft der Kälte ausgesetzt zu sein. Der eisige Wind stößt kaum auf Widerstand. Vereinzelt mal ein Gehöft, einige mickrige Birken und Weiden, und alles sehr flach - die Eiszeit hat hier ganze Arbeit geleistet. Mag sein, dass die weite Moorlandschaft schon bald wieder mehr Reiz entfaltet. Doch vorläufig scheint der Frühling fern. Dem Auge bietet sich nur Braun und Grau in allen Schattierungen.

Okay - da war der Seeadler, den wir bei der Anfahrt überm Rehdener Geestmoor entdeckten. Und der Raubwürger, der auf einem Busch nach Mäusen Ausschau hielt. Zudem rasteten hier im November noch Tausende von Kranichen und erfüllten die Luft mit ihrem melancholischen »kruh kruh«. Trotzdem: Im Winter lädt die Diepholzer Moorniederung nicht dazu ein, lange im Freien herumzustehen (schon gar nicht mit nassen Füßen).

Zu wenig Wasser

Es sei denn, man zählt zu den 14 Mitarbeiter*innen des BUND Niedersachsen, die sich hier dem Schutz der Moore verschrieben haben. Für die ist nämlich gerade Hauptsaison: Von Oktober bis Februar kappen sie in dem gut 170 Quadratkilometer großen Betreuungsgebiet aufwachsendes Gehölz. Sie verfüllen alte Gräben und bessern Dämme aus, um mehr Wasser im Moor zu halten. Und sie verfolgen genau (und das ganze Jahr über), wie die schutzwürdigen Moore sich entwickeln.

»Wasser ist der Schlüssel«, sagt Peter Germer. Der Ingenieur leitet das bundesweit größte Moorprojekt des BUND. »Noch ist der Wasserstand zu niedrig in vielen der Moore, die wir betreuen.« Und er schwanke zu sehr: Mit den steigenden Temperaturen bliebe im Frühjahr und Sommer immer häufiger der Regen aus. Dann leiden die moortypischen Pflanzen, Gehölze dringen vor. Und Füchse haben leichter Zugriff auf die Gelege von Brachvogel, Bekassine oder Rotschenkel.

Zu viele Nährstoffe

Je trockener der Moorboden ist, desto stärker oxidiert er: Erst Sauerstoff macht den Stickstoff verfügbar. Der Boden wird also fetter, ein ungünstiger Nebeneffekt zusätzlich zur Wasserarmut. Denn von Natur aus sind die Hochmoore - das höchste Schutzgut der Diepholzer Moorniederung - nährstoffarm.

Viele unerwünschte Nährstoffe verfrachtet außerdem die Luft ins Moor. Denn gleich nebenan liegt mit Vechta und Cloppenburg der Brennpunkt der deutschen Massentierhaltung. Was von deren Güllefluten verdunstet, verteilt sich großflächig in der Umgebung. Den vielen Maisbauern am Rand der Moore mag das willkommen sein - für die sensible Moorvegetation ist es Gift.

Zum Handeln verpflichtet

Warum sich dann weiter abmühen mit der Landschaftspflege - wie die junge Bundesfreiwillige und der FÖJler, die an diesem trüben Januartag seit Stunden frisch gefällte Birken zusammenziehen und aufeinanderschichten? Dazu Peter Germer: »Wir stehen hier mitten in einem Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung. Über 30 gefährdete Vogelarten brüten hier. Etliche Moorbiotope genießen höchsten europäischen Schutz. Das Land Niedersachsen ist verpflichtet, seine Natura-2000- und Naturschutzgebiete für die Zukunft zu bewahren.«

Bei dieser Aufgabe unterstützt der BUND das Land seit mehr als 30 Jahren. Seine Geschäftsstelle im »Europäischen Fachzentrum Moor und Klima« ist eng vernetzt mit den zuständigen Landkreisen und Kommunen und allen Akteuren vor Ort. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, wie Peter Germer betont. Auch Stiftungen, Paten für die Diepholzer Moorschnucken und viele ehrenamtlich Aktive bindet der BUND in den Schutz der Moorniederung mit ein.

Wie gegensteuern?

Doch was lässt sich ausrichten gegen den Regenmangel oder die Güllefrachten aus der Tiermast? Zum Beispiel Schafe ins Moor treiben. Etwa drei Viertel des Stickstoffimports fressen die vierbeinigen Landschaftspfleger im besten Falle wieder weg. Hierfür hat der BUND auch 1200 eigene Moorschnucken im Einsatz. Nachhaltiger ist es, die Moore wiederzuvernässen. Bei hohem Wasserstand und dem moortypisch sauren Milieu bleibt der Stickstoff im Boden gebunden.

Vor allem aber können nur auf nassen Böden Torfmoose gedeihen, die wichtigsten Pflanzen im Hochmoor. Jede Vernässung muss allerdings eng abgestimmt werden - und ist nur dort möglich, wo das Wasser von den benachbarten Äckern und Siedlungen ferngehalten werden kann. Ein mühsamer und langwieriger Prozess.

Seit Anfang Januar gibt es immerhin etwas Rückenwind. Für einige Naturschutzgebiete gilt nun eine »Duldungsverpflichtung«: Der Naturschutz ist hier als übergeordnetes gesellschaftliches Anliegen anerkannt. Sollten Privateigentümer bestimmte Maßnahmen verweigern, können diese angeordnet werden - zum Wohle der wertvollen Moore.

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Quelle:
BUND MAGAZIN 1/2019, Seite 34 - 35
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Tel. 030/27586-457, Fax. 030/27586-440
E-Mail: redaktion@bund.net
Internet: www.bund.net/bundmagazin
 
Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift
des BUND und erscheint viermal im Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. März 2019

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