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LAIRE/156: Massentod unter Vögeln nicht in jedem Fall rätselhaft (SB)


US-Naturschutzbehörde tötet Jahr für Jahr millionenfach Vögel und andere Tiere

Sicherung von Sonnenblumen, Reis und anderem Getreide für den menschlichen Verzehr


Das massenhafte Vogelsterben in den USA und anderen Ländern, über das einige Tage lang berichtet wurde, ist inzwischen wieder aus den Schlagzeilen verschwunden. Bis dahin herrschte an religiösen und quasireligiös-wissenschaftlichen Erklärungsversuchen kein Mangel. Der Tag des jüngsten Gerichts sei angebrochen, orakelten die einen. Silvester-Feuerwerk habe die Vögel aufgeschreckt, so daß sie plötzlich gegen Bäume und Häuser geflogen wären, gaben andere ihre Mutmaßungen wieder. [1]

Dem ersten Vorfall dieser Art, bei der in der Nacht zum 1. Januar 2011 in der US-amerikanischen Kleinstadt Beebe rund 5000 Vögel - mit überwiegender Mehrheit Rotschulterstärlinge - tot vom Himmel fielen, folgten ähnliche Massensterben in Louisiana (mehrere hundert Vögel), Texas (rund 200 Vögel), Schweden, Kanada, Italien und weiteren Staaten. Eine Untersuchung der Todesursache der Vögel aus Beebe ergab, daß die Tiere nicht erkennbar erkrankt waren und nicht vergiftet wurden.

Zwischen diesem Befund und der Entdeckung der toten Vögel verging einige Zeit, in der von den Mainstreammedien die durchaus plausible These hätte verbreitet werden können, daß die Tiere möglicherweise von Amts wegen vergiftet wurden. Denn das werden sie regelmäßig, wie die Naturschutzorganisation WildEarth Guardians schon vor zwei Jahren in einer 108seitigen Studie an Präsident Barack Obama und den Kongreß kritisierte. [2] Daß diese mögliche Ursache des Massensterbens verschwiegen wurde, zeigt, wie weitgehend das Thema Tiervernichtung aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt wird.

Die US-Naturschutzbehörde Wildlife Service sorgt regelmäßig für Massensterben unter Vögeln, Fischen und anderen Tierarten. Die eingewanderten Vögel europäischer Star, englischer Hausspatz und Taube, aber auch Amseln, Stärlinge, Krähen und Elstern machen mehr als 90 Prozent aller Tierarten aus, die den Behördenangaben zufolge gezielt getötet werden. [3] Laut Martha Rosenberg, die vor kurzem für CounterPunch über diese Massentötung schrieb [4], hat die Aufsichtsbehörde für Tier- und Pflanzengesundheit (APHIS - Animal and Plant Health Inspection Service), die dem US-Landwirtschaftsministerium zugeordnet ist, im Jahr 2009 über eine Million Vögel getötet, und zwar hauptsächlich Rotschulterstärlinge, also eben jene Art, von der Tausende in Beebe tot vom Himmel fielen. In Texas wurden 489.444 und in Louisiana 461.669 Rotschulterstärlinge vernichtet. In Kalifornien seien 4217 Amseln erschossen worden, in Nord-Dakota 2246 und in Oregon 1063.

Dies ist nur ein Teil der Massenvernichtung von Tieren in den USA, der in der Regel ökonomische Gründe zugrundeliegen. Vögel werden deshalb umgebracht, weil sie Reis, Sonnenblumenkerne und anderes Saatgut fressen und damit den Landwirten einen wirtschaftlichen Schaden zufügen. Auch Aquakulturen werden auf rigorose Weise vor dem Zugriff durch Vögel wie Reiher und Kormoran von seiten der behördlichen "Naturschützer" verteidigt. Darüber hinaus machen die Behörden gesundheitliche Gründe geltend.

Das verbreitetste Tötungsmittel ist Gift, und hier wiederum die chemische Substanz DRC-1339, die Starlicide genannt wird. Das Gift tötet die Tiere auf eine Weise, von der behauptet wird, daß sie nicht qualvoll sei. Dieser Einschätzung muß entschieden widersprochen werden. Begründet wird die offizielle Beschönigung des Gifttods unter anderem damit, daß die verendenden Vögel in ihrem Todeskampf nicht krampfen, mit den Flügeln schlagen oder ähnliche Anzeichen ihres nahenden Todes erkennen lassen. Statt dessen werden sie lethargisch, ziehen sich zurück und verenden. Der Wirkstoff sorgt für ein Organversagen bei Leber und Niere.

Angeblich ist das weniger qualvoll, aber der eigentliche Grund, warum DRC-1339 so beliebt ist, besteht darin, daß die sterbenden Exemplare ihre Artgenossen nicht mehr warnen können. Der Köder besteht aus Körnern, die mit dem Gift umhüllt sind. Je nach aufgenommener Giftmenge sterben die Vögel erst nach ein bis drei Tagen. Dann befinden sie sich wahrscheinlich nicht mehr am Köderplatz mit dem vergifteten Futter, und falls doch, bleibt die Warnung an die Artgenossen dennoch aus, weil der Tod unspektakulär eintritt.

Davon will die Öffentlichkeit in der Regel nichts wissen, und so wurden zahlreiche Mutmaßungen über den Vogeltod von Beebe verbreitet, bei denen eine amtliche Täterschaft gar nicht erst in Erwägung gezogen wurde. Obschon es keine zwei Jahre her ist, daß in Griggstown, New Jersey, 5000 Stärlinge tot aufgefunden wurden. Sie waren mit DRC-1339 vergiftet worden, weil die Behörden ihre Zahl reduzieren wollten. [5] Dieser kurze Ausflug in die häßliche Seite der menschlichen "Naturbeherrschung" wurde offenbar recht schnell aus der Wahrnehmung gestrichen.

* Anmerkungen:

[1] "UMWELT: Endzeitstimmung in Arkansas. Tausende Vögel fielen
Silvester vom Himmel / Ähnliche Vorfälle in Louisiana und Schweden",
Märkische Allgemeine, 7. Januar 2011

http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/11981538/63529/Tausende-Voegel-fielen-Silvester-vom-Himmel-Aehnliche-Vorfaelle.html

[2] "War on Wildlife. The U.S. Department of Agriculture's "Wildlife Services. A Report to President Barack Obama and Congress", Februar 2009
http://www.wildearthguardians.org/site/DocServer/report-war-on-wildlife-june-09-lo-2.pdf?docID=242&AddInterest=1103

[3] http://www.aphis.usda.gov/wildlife_damage/prog_data/2008_pdr/blackbird.html

[4] "The Government's Wildlife Hit Squad Blackbird Killers Sent to Investigate Blackbird Deaths", CounterPunch, 5. Januar 2011
http://www.counterpunch.org/rosenberg01052011.html

[5] "Bird killing fallout alarms N.J. community", USA today, 27. Januar 2009
http://www.usatoday.com/news/nation/2009-01-27-bird-death_N.htm

10. Januar 2011