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LAIRE/238: NSA spionierte UN-Klimagipfel von Kopenhagen aus (SB)


Gipfeltheater 2009

oder warum Edward Snowden den Friedensnobelpreis nicht verdient hat



Die NSA hat die Delegationen im Vorfeld und während des UN-Klimagipfels 2009 in Kopenhagen ausspioniert und der US-Regierung unter Barack Obama zu Verhandlungsvorteilen verholfen. Das berichtete die Huffington Post unter Berufung auf jüngste Enthüllungen Edward Snowdens. [1] Das gewaltige Ausmaß, mit dem - in diesem Fall - der US-Geheimdienst sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte Informationen beschafft hat, kann sicherlich nicht deutlich genug gemacht werden. Insofern sind die Erkenntnisse des Whistleblowers wichtig, und seine Arbeit verdient alle Unterstützung.

Jenseits der Enthüllungen zum Klimagipfel 2009, der allgemein als grandioses Scheitern der internationalen Klimaschutzpolitik, wenn nicht gar als ihr Todesstoß angesehen wird, da sich an das Treffen die Hoffnung geknüpft hatte, die Regierungen würden die Bedrohung durch die Erderwärmung so sehr ernst nehmen, daß sie sich von der Wachstumsapologetik lossagen und einen Kurswechsel hin zu weniger zerstörerischen Energien vornehmen, stellt sich die Frage, ob das desolate Ergebnis ohne die NSA-Spionage sehr viel anders ausgefallen wäre.

Bereits bei der Abfassung des 1997 verabschiedeten Kyoto-Protokolls, das den Rahmen für die internationale Klimapolitik unter der Ägide der Vereinten Nationen liefert, waren Mechanismen eingebaut worden, die ein Weiter-so-wie-bisher ermöglichten. Insofern scheint es auch maßlos übertrieben, das Kyoto-Protokoll als zahnlosen Tiger zu bezeichnen, wie es gelegentlich zu vernehmen ist. Es sollte nie ein Tiger sein, sondern von Anfang an ein Mittel, um in der Konsequenz sämtliche Konzepte der kapitalistischen Verwertung zum Fraße vorzuwerfen, die in nicht-fossilen, dezentralen Energie- und alternativen Lebensformen, in der solidarischen Ökonomie oder gar Entwürfen der entökonomisierten Utopie eine lebensfreundlichere Alternative sahen. Niemals sollte auch nur der Schatten einer Ahnung aufkommen, Menschen könnten es mit dem Abschied von der Wachstumsideologie ernst meinen, sich der Konsumnot verweigern und sich vielleicht sogar fortan nicht mehr in fremdnützige Arbeitsverhältnisse pressen lassen.

Die gesellschaftlich vorherrschenden Kräfte und Interessen bedienten sich von jeher der Klimaschutzpolitik zur Festigung ihrer Position - vor, während und nach der Konferenz von Kopenhagen 2009. Klimaschutzpolitik ist folglich kein Gegenentwurf zur kapitalistischen Verwertung, sondern ihre Fortsetzung. Dabei erfüllt die NSA ihre Aufgabe als Auge und Ohr des Großen Bruders, aber sie ist nicht der Große Bruder.

Snowden den Friedensnobelpreis zu verleihen, wie es vor kurzem vorgeschlagen wurde, wäre zwar eine klare politische Stellungnahme gegen die angestrengten Versuche, den ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter als Verräter abzustempeln, aber es wäre zugleich eine üble Beleidigung, würde er doch dadurch in eine Reihe gestellt beispielsweise mit der Europäischen Union und Barack Obama. Das hätte Snowden nun wirklich nicht verdient.


Fußnoten:

[1] http://www.huffingtonpost.com/2014/01/29/snowden-nsa-surveillance-_n_4681362.html

2. Februar 2014