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STANDPUNKT/130: Solarausbau oder Speicherausbau? - Netzzusammenbruch wegen Solarüberschuss? (SFV)


Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) - aus: Rundmail vom 25. Mai 2011

1.) Muss der Solarausbau auf den Speicherausbau warten?
2.) Kann ein "zu schneller" Ausbau der Solarenergie zum Netzzusammenbruch führen?


1.) Muss der Solarausbau auf den Speicherausbau warten?

Die öffentliche Diskussion zur Frage des Atomausstiegs leidet darunter, dass alle im Bundestag vertretenen Parteien den Atomausstieg fordern und dadurch in diesem Punkt ununterscheidbar werden.

Auch bei der Frage, wie die Erneuerbaren Energien gefördert werden sollen, gibt es nur noch graduelle Unterschiede (mit rühmlicher Ausnahme bei der Linkspartei, die sich seit Jahren kompromisslos für den beschleunigen Solar- und Windausbau und gegen fossile Energien einsetzt).

Die Grünen, die sich vehement für einen raschen Atomausstieg und gegen fossile Energien äußern, verlassen sich auf eine "Roadmap", die von dem als konservativ bekannten Institut Roland Berger für den Bundesverband Solarwirtschaft erstellt wurde. Dieser Roadmap folgend wollen die Grünen das Wachstum der Solarenergie von 7,4 Gigawatt Neuinstallationen im Vorjahr (2010) auf 5 Gigawatt in den kommenden Jahren reduzieren.

Hans-Josef Fell in einem Schreiben an den SFV vom 19.04.11 wörtlich: "Ob wir unser aktuelles jährliches Ausbauziel für die nächsten Jahre in Höhe von 5 GW im Jahr anheben, wird u.a. davon abhängen, wie sich die Speichersituation in Deutschland entwickelt und wie schnell die Netze dadurch entlastet werden können."

Soll nun der Solarausbau auf den Speicherbau warten?

Dazu besteht nicht der geringste Anlass:

Erstens gibt es nur in Süddeutschland an einigen wenigen Stellen auf dem flachen Land kurzzeitige Solarüberschüsse. Im übrigen Deutschland und insbesondere in den meisten großen Städten jedoch wird jede erzeugte Kilowattstunde Solarstrom sofort verbraucht. An das Speichern von "Solarstromüberschüssen" ist dort noch lange nicht zu denken. Dort besteht auch keine Notwendigkeit, die Netze zu "entlasten".

Und zweitens lohnt sich Speicherausbau überhaupt erst dann, wenn es regelmäßig reichliche Solarüberschüsse gibt, mit denen man die Speicher preiswert befüllen könnte.

Die Speicherbauer warten deshalb auf lohnenswerte Solarüberschüsse.

Zuerst Speicherausbau oder zuerst Solarausbau? Jeder kennt die lustige Situation, wenn zwei Personen vor einer engen Tür sich gegenseitig den Vortritt anbieten. Manchmal dauert es schier eine kleine Ewigkeit, bis man sich geeinigt hat und den neuen Raum betritt. Doch bei der Energiewende ist das nicht im Geringsten lustig, denn jederzeit kann es zu einem neuen Atom-Desaster kommen und der Klimawandel schreitet erbarmungslos fort und unterbricht die regelmäßige Folge von Saat und Ernte, auf die die ganze zivilisierte Welt angewiesen ist.

Deshalb müssen Beide energisch vorangetrieben werden, das Solarwachstum und der Speicherausbau. Und Beide brauchen in der Anfangsphase deutliche Gewinnanreize.


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2. Kann ein "zu schneller" Ausbau der Solarenergie zum Netzzusammenbruch führen?

Leider machen sich die Grünen dann noch Sorgen, dass ein zu schneller Ausbau der Solarenergie zum Netzzusammenbruch führen kann. Dazu Hans-Josef Fell in seinem in Punkt 1.) erwähnten Schreiben an den SFV: "Der BSW hat hier im Vergleich zu anderen Organisationen mit seiner Roadmap den Nachweis gebracht, dass ein jährlicher Zubau von 5 GW für die Netzstabilität machbar ist, wenn gezielte Maßnahmen getroffen sind. Studien, die die Machbarkeit höherer Zubauraten belegen, liegen uns nicht vor."

Schade, wir hätten auf diese Frage eine Antwort:

Dass Solarüberschüsse gefährlich seien und die Netzstabilität gefährden könnten, ist ein Schauermärchen, das die Stromwirtschaft gerne den Politikern erzählt.

Für technisch interessierte Leser: Jeder Solarwechselrichter hat zwei Abschaltvorrichtungen, die verhindern, dass die Netzstabilität gefährdet wird. Die eine spricht an, wenn die Spannung am Einspeisepunkt zu stark ansteigt. Die andere spricht an, wenn die Frequenz im Netz über 50,2 Hz ansteigt. Beide Abschaltvorrichtungen wurden von der Stromwirtschaft vorgeschrieben.

Zunächst zur erstgenannten Abschaltvorrichtung: Wenn Solarstrom ins Niederspannungsnetz eingespeist wird, steigt dort die Spannung etwas an. Die Spannung darf zwischen 230 Volt plus-minus 10 Prozent schwanken. Zuviel Solarstromeinspeisung würde zu einer Überschreitung der höchsten zugelassenen Netzspannung führen. Doch die Überspannungsabschaltung schaltet die Solaranlage aus, bevor die höchstzulässige Spannung erreicht ist. Passieren kann dabei weiter nichts.

Nun zu der anderen Abschalteinrichtung: Sollte aus irgendeinem Grund die Frequenz im Europäischen Verbundnetz über den Normwert 50 Hz ansteigen, ist das ein Warnsignal, dass mehr Leistung eingespeist als entnommen wird. Durch ein abgestuftes System von Regelmaßnahmen wird dann die eingespeiste Leistung vermindert oder zusätzliche Verbraucher (auch Speicher) werden zugeschaltet. Damit wird das Gleichgewicht zwischen Stromerzeugung und Verbrauch rasch wieder hergestellt. Die 50,2 Hz werden deshalb im Normalbetrieb nicht erreicht.

Die Stromwirtschaft hat allerdings die Sorge, dass - falls es doch einmal geschieht - die Solaranlagen bei Erreichen der 50,2 Hz alle schlagartig gleichzeitig abschalten. Wenn die Stromwirtschaft dies nicht wünscht, muss sie für neu ans Netz gehende Solaranlagen andere Abschaltkriterien einführen - in Anlehnung an die selben Kriterien, die sie für ihre sonstigen Stromerzeugungsanlagen einsetzt. Dies ist ein technisch lösbares Problem, jedoch kein Grund, den Solarausbau zu bremsen.


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Quelle:
Rundmail vom 25. Mai 2011
Herausgeber:
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV)
Frère Roger Straße 8-10, 52062 Aachen
Tel.: 0241/51 16 16, Fax: 0241/53 57 86
E-Mail: zentrale@sfv.de
Internet: http://www.sfv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Mai 2011