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STELLUNGNAHME/163: Trotz fortschreitenden Klimawandels - RWE-Pläne für neues Braunkohlenkraftwerk (BUND NRW)


BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V. - 31. März 2014

Trotz fortschreitenden Klimawandels: RWE lässt neues
Braunkohlenkraftwerk in Bergheim planen

BUND: "BoAplus ist Augenwischerei" - Umweltverband fordert Abbruch der Planungen



Düsseldorf, 31.03.2014 / Auf Anregung der RWE Power AG hat der Rat der Stadt Bergheim die Aufstellung eines Bebauungsplans für ein neues Braunkohlenkraftwerk (BoAplus) beschlossen. Anlässlich der am 31. März endenden Beteiligung der Öffentlichkeit fordert der NRW-Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) jetzt den Abbruch der Planung. In einer umfangreichen Stellungnahme legt der BUND dar, dass ein solches Vorhaben gegen das Landesplanungsrecht und die Klimaschutzvorgaben verstößt. Gerade auch vor dem Hintergrund des heute veröffentlichten Berichts des Weltklimarats IPCC zum fortschreitenden Klimawandel sei das Vorhaben unverantwortlich. Zudem gefährde das Kraftwerk durch den erheblichen Ausstoß von Feinstaub, Quecksilber und anderen Schadstoffe die menschliche Gesundheit.

"Die Politik in der Braunkohlenregion darf sich nicht länger zum Büttel von RWE machen", sagte der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht. "Wer heute noch Braunkohlenkraftwerke mit gravierenden Auswirkungen auf Mensch und Umwelt plant, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Auch ein BoAplus-Kraftwerk passt nicht in ein zukunftsfähiges Energiesystem."

Das 1.100 Megawatt-Kraftwerk würde in 25 Jahren Regelbetrieb mehr als 200 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre pusten. Nach Angaben der Planer würden zudem trotz der gesetzlich vorgeschriebenen Filter jährlich bis zu 320 Tonnen des für die menschliche Gesundheit besonders schädlichen lungengängigen Feinstaubs und bis zu 320 Kilogramm des Nervengifts Quecksilber sowie andere Schwermetalle freigesetzt. Dazu kämen 3.224 Tonnen Stickstoffdioxid und 1.612 Tonnen Schwefeldioxid. Nach RWE-Angaben wird das Kraftwerk ein im Vergleich zu modernen Gaskraftwerken miserablen elektrischen Wirkungsgrad von nur 45 Prozent erreichen. Aufgrund des geplanten Zwei-Kessel-Betriebs soll der Kohlemeiler eine gegenüber den Bestandskraftwerken hohe Flexibilität aufweisen. Eine nennenswerte Nutzung durch Kraft-Wärme-Kopplung ist nicht vorgesehen.

"RWE betreibt Augenwischerei, wenn behauptet wird, durch die geplante Stilllegung von vier Altanlagen mit 1.200 Megawatt Leistung werde die Umweltsituation maßgeblich verbessert", kritisierte der BUND-Braunkohlenexperte Dirk Jansen. "Fakt ist, dass mit dem neuen Kraftwerk die unverantwortliche Braunkohlennutzung für weitere Jahrzehnte festgeschrieben werden soll."

Zudem sei mehr als fraglich, ob der bislang nur als Blaupause existierende Kraftwerkstyp überhaupt die hohen Anforderungen in Bezug auf häufige Laständerungen, hohe Laständerungsgeschwindigkeiten und Mindestlastniveaus erfüllen könne. Dies sei aber Voraussetzung für eine Einsatzflexibilität ähnlich der, die heute schon von Gaskraftwerken erbracht wird. Die Zeit der klassischen Braunkohlen-Grundlastkraftwerke gehe jedenfalls zu Ende, während hochflexible Kraftwerke noch zur Ergänzung der erneuerbaren Energien benötigt würden.

Die Investitionskosten für ein BoAplus-Braunkohlenkraftwerk lägen mit mindestens 1, 5 Milliarden Euro deutlich über denen eines vergleichbaren Gaskraftwerks. Auch wegen der immens hohen externen Kosten der Braunkohleverstromung (Mehrkosten im Gesundheitswesen bspw. aufgrund der Feinstaubbelastung, Schäden durch Biodiversitätsverluste, etc.), die nicht im Strompreis auftauchen und von der Allgemeinheit getragen werden müssen, sieht der BUND in BoAplus keine vernünftige Option. Entlarvend sei deshalb der Ruf des RWE nach einem so genannten Kapazitätsmarkt zur weiteren Subventionierung des neuen Kraftwerks.

Daneben, so der BUND, verstoße die Ausweisung eines Kraftwerksstandorts "auf der grünen Wiese" in Bergheim-Niederaußem gegen die Vorgaben des geltenden Landesentwicklungsplans. Auch würden die landesplanerischen Vorgaben in Bezug auf eine effiziente und umweltgerechte Stromerzeugung nicht erfüllt. Daneben sieht der BUND einen klaren Verstoß gegen die im Entwurf für den neuen Landesentwicklungsplan festgelegten Anforderungen, wonach neu festzulegende Standorte einen elektrischen Kraftwerks-Mindestwirkungsgrad von 58 Prozent haben oder die hocheffiziente Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) mit einem Gesamtwirkungsgrad von 75 Prozent mit KWK ermöglichen sollen.


BUND-Stellungnahme (57 Seiten) zum Bebauungsplan Kraftwerk Niederaußem
http://www.bund-nrw.de/fileadmin/bundgruppen/bcmslvnrw/PDF_Dateien/Themen_und_Projekte/Energie_und_Klima/Kohlekraftwerke/BoAplus_Niederaussem/2014_03_28_BPlan_BoAplus_Stellungnahme_BUND.pdf

weitere Infos zum Projekt
http://www.bund-nrw.de/themen_und_projekte/energie_klima/kohlekraftwerke/kraftwerksplanungen_nrw/bergheim_niederaussem/

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Quelle:
Presseinformation, 31.03.2014
Herausgeber: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen
Merowingerstr. 88, 40225 Düsseldorf
Tel.: 0211/30 20 05-22, Fax: 0211/30 20 05-26
Redaktion: Dirk Jansen, Pressesprecher
E-Mail: dirk.jansen@bund.net
Internet: www.bund-nrw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2014