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KLIMA/603: Donald Trump macht Nägel mit Köpfen ... Sargnägel für die US-Klimaschutzpolitik (SB)


Die Vereinigten Staaten werden demnächst von Klimawandelleugnern regiert


Gestern hat der designierte US-Präsident Donald Trump in einem Interview mit "Fox News Sunday" erklärt, niemand wisse, ob der Klimawandel real ist. Er sei in dieser Frage noch offen. Niemand wisse wirklich etwas. [1]

Wie ist diese Aussage zu bewerten? Manche mögen vielleicht hoffen, daß ein Präsident Trump von den Behauptungen des Wahlkämpfers Trump abrücken wird, der am 6. November getwittert hatte, daß das Konzept des Klimawandels "eine Erfindung der Chinesen" sei, um der US-Wirtschaft Wettbewerbsnachteile zu bescheren. Auch Trumps kürzliche Treffen mit Al Gore, dem früheren US-Vizepräsidenten und Produzenten des Films "An Unconvenient Truth" (Eine unbequeme Wahrheit) über den Klimawandel, und dem Schauspieler Leonardo DiCaprio, der sich wiederholt für den Klimaschutz ausgesprochen hat, könnte man so deuten, daß der Milliardär einzulenken bereit ist. Vielleicht hat er ja ein Ohr für die Sorgen eines erheblichen Teils der Menschheit über die teils dramatische Veränderung des Klimas und wird dies in seinen Entscheidungen als Präsident einer Nation, die gemessen an ihrer Bevölkerungszahl einen überdurchschnittlich hohen Anteil an den globalen Treibhausgasemissionen hat, berücksichtigen.

Diese Hoffnung scheint jedoch auf Sand gebaut. Wenn sich Donald Trump als "offen" gegenüber der Frage gibt, ob ein Klimawandel stattfindet, dann drückt sich darin weniger die Aufgeschlossenheit gegenüber einer Ansicht aus, die er vor kurzem noch strikt verworfen hat, als vielmehr jene Offenheit, die zur Folge hat, daß an den Schulen einiger US-Bundesstaaten der Glaube an die Schöpfungsgeschichte zur Entstehung der Welt gleichwertig zur Evolutionstheorie gelehrt wird. Wenn Trump erklärt hätte, er sei ganz offen in der Frage, ob die Erde eine Kugel oder eine Scheibe ist, käme das in etwa dem gleich, sich als "offen" in der Frage des Klimawandels zu bezeichnen.


Der blaue Planet, dargestellt als flache Scheibe - Foto: NASA, eigene Bearbeitung

Nichts genaues weiß man nicht ... vielleicht ist die Erde ja doch eine Scheibe?
Foto: NASA, eigene Bearbeitung

Wenn Trump nicht exakt derjenige wäre, dessen überraschender Wahlsieg einen großen Teil der Delegierten und Beobachter der großen Klimaschutzkonferenz (COP 22) im November in Marrakesch in "Schockstarre" (Zeit online [2]) versetzt hat, dann würde er sich keine Leute in seine zukünftige Administration holen, die an der Speerspitze der Klimawandelleugner stehen.

Beispielsweise ist der designierte Vizepräsident Mike Pence ein fundamentaler Christ, der im US-Kongreß erklärt hat, er glaube, daß Gott die Welt erschaffen hat (intelligent design). [3] Die Umweltschutzbehörde EPA soll Scott Pruitt leiten. In seiner fünfjährigen Amtszeit als Generalstaatsanwalt von Oklahoma hat Pruitt die EPA verklagt, um zu erreichen, daß sie die Grenzwerte für die Emissionen von Luftschadstoffen wie Quecksilber und Arsen aus Kraftwerken aufhebt. Darüber hinaus hat er die Bundesbehörde gedrängt, keine Restriktionen der Methanemissionen aus der heimischen Öl- und Gasförderung mit Hilfe des sogenannten Frackings zu verhängen. Pruitt ist auch Mitglied einer Koalition aus republikanischen Generalstaatsanwälten, die Klage gegen den Clean Power Plan der EPA zur Reduzierung der CO2-Emissionen bei der Stromgewinnung aus Kraftwerken angestrengt haben. [4]

Kurzum, mit Scott Pruitt macht Trump den Bock zum Gärtner bzw. einen Klimawandelleugner aus der ersten Reihe zum Leiter der Umweltschutzbehörde. Daß das nicht ein Fehlgriff eines vermeintlich politisch unerfahrenen designierten US-Präsidenten ist, zeigt die Ernennung von Myron Ebell zum Leiter des Übergangsteams, das die EPA an die neue politische Richtung anpassen soll. Ebell ist für verschiedene konservative Think Tanks wie das Competitive Enterprise Institute (CEI), das unter anderem von der Kohle- und Erdölindustrie Zuwendungen erhält, tätig und zählt ebenfalls zur allerersten Garde der Klimawandelleugner. [5]

Die Verantwortung für den Übergang von der Obama- zur Trumpadministration im Energieministerium wurde Tom Pyle übertragen. Er ist Präsident der Lobbyorganisation American Energy Alliance, die Geldmittel von der Erdölindustrie erhält, und setzt sich für Marktliberalisierung ein. Pyles Arbeitsgruppe, dem "landing team", gehört auch Jack Spencer an. Er ist Vizepräsident des marktliberalen Institute for Economic Freedom and Opportunity bei der ultrakonservativen Heritage Foundation. Dabei handelt es sich um einen der prominentesten Think Tanks in den USA, der regelmäßig die globale Erwärmung leugnet.

Der Chef des Erdölkonzerns ExxonMobil, Rex Tillerson, soll neuer Außenminister der Vereinigten Staaten werden. Während diese Entscheidung von den Medien hauptsächlich vor dem Hintergrund des Vorwurfs erörtert wird, russische Hacker hätten die Wahl Trumps herbeigeführt, da Tillerson gute Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt werden [6], ist die Wahl in klimapolitischer Hinsicht mindestens ebenso bemerkenswert. Vielleicht reicht hier das Erdölland USA dem Erdölland Rußland die Hand, anstatt es zu bombardieren, was sicherlich angenehm wäre, aber die langfristigen Folgen solcher Bündnisse innerhalb der fossilen Energiewirtschaft fallen möglicherweise nicht weniger schwer ins Gewicht als die eines Krieges.

Trump möchte unter anderem erreichen, daß sich die USA vom Klimaschutzabkommen von Paris verabschieden, und versammelt dazu eine entsprechend schlagkräftige Mannschaft um sich. Die erstellt bereits im Rahmen eines 65 Einzelpunkte umfassenden Fragebogens Listen mit den Namen von Personen im Energieministerium, die beispielsweise an UN-Klimaschutzverhandlungen teilgenommen oder unter Obama Klimaschutzmaßnahmen befürwortet haben, wie Bloomberg berichtet. [7]

Kurzum: Anstatt darauf zu hoffen, daß Trump nicht meint, was er sagt, sollte man davon ausgehen, daß er nach seiner Vereidigung nichts anbrennen läßt und eine Säuberungswelle in der Administration lostreten wird, um seine aufs engste mit der Erdölindustrie verbundenen Interessen durchzusetzen.


Ca. 75 Zentimeter gegenüber dem ursprünglichen Bürgersteig erhöhte Betonrampe an einer Verkehrsstraße. - Foto: B137, freigegeben als CC-Zero [https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.en] via Wikimedia Commons

Während das Trumpteam noch damit beschäftigt ist, den Klimawandel zu leugnen, stellen sich andere darauf ein, daß sie keine nassen Füße bekommen.
Miami Beach, Florida, 15. Februar 2016: Hier werden bereits die Bürgersteige, Straßen, Parks und andere Einrichtungen höhergelegt, um sowohl bei Springfluten als auch allgemein dem Meeresspiegelanstieg besser geschützt zu sein.
Foto: B137, freigegeben als CC-Zero [https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.en] via Wikimedia Commons


Fußnoten:

[1] http://q13fox.com/2016/12/11/trump-nobody-really-knows-if-climate-change-is-real/

[2] http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-11/stimmen-wahlsieg-donald-trump-klimakonferenz-marrakesch/komplettansicht

[3] https://www.congress.gov/crec/2002/07/11/CREC-2002-07-11-pt1-PgH4527.pdf

[4] https://insideclimatenews.org/news/08122016/donald-trump-scott-pruitt-climate-change-skeptic-environmental-protection-agency-fracking

[5] https://insideclimatenews.org/news/16112016/myron-ebell-climate-denier-epa-donald-trump

[6] http://www.spiegel.de/politik/ausland/donald-trump-exxonmobil-chef-als-aussenminister-kandidat-a-1125375.html

[7] https://www.bloomberg.com/news/articles/2016-12-09/trump-team-s-memo-hints-at-broad-shake-up-of-u-s-energy-policy


12. Dezember 2016


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