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KLIMA/616: Mit oder ohne die USA ... (SB)


Klimaschutz von oben


Wenn die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten zu ihrem zweitägigen Treffen im sizilianischen Taormina zusammenkommen, wird es neben anderen Dingen auch um die Frage gehen, wie es die US-Administration eigentlich mit dem Klimaschutz hält. Zwar werden viele Dinge, die Donald Trump bei seinem Wahlkampf und in den ersten Tagen seiner Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika angekündigt hat, nicht oder nur partiell umgesetzt, seine erdölindustriefreundliche Absage an die Klimaschutzpolitik scheint jedoch festzustehen. So hat er mit Scott Pruitt einen Lobbyisten der Erdölindustrie und erklärten Gegner von Umweltschutzgesetzen an die Spitze der Umweltschutzbehörde EPA gesetzt; zu den Unterstützern Trumps zählen auch Klimawandelleugner; und auf der Website des Regierung sucht man das Wort "climate change" inzwischen vergeblich.

Donald Trump hat angekündigt, daß die USA das Klimaschutzabkommen neu verhandeln werden, jedoch die endgültige Entscheidung darüber hinausgeschoben. Ohne die USA als den zweitgrößten Emittenten von Treibhausgasen würde das Pariser Abkommen trotzdem von allen Unterzeichnerstaaten umgesetzt, seine Wirkung auf die globale Erwärmung wäre jedoch schwächer. Also werden die Bundesrepublik und andere versuchen, Trump von der Notwendigkeit des Klimaschutzes zu überzeugen. Genau das ist das Problem.

Papst Franziskus hat dem Führer der USA eine Audienz gewährt und ihm seine Umweltenzyklika "Laudato Si" übergeben, die deutlich die Handschrift des Direktors des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans-Joachim Schellnhuber, trägt. Doch mit Appellen und Verweisen auf die zu beobachtenden globalklimatischen Entwicklungen - Meeresspiegelanstieg, Gletscherschmelze, Meereisrückgang, Versauerung der Meere, Artenschwund, Zunahme von meteorologischen Extremereignissen und nicht zuletzt allgemeine Erwärmung - wird es nicht getan sein. Es mangelt Trump nicht an entsprechenden wissenschaftlichen Informationen. Selbst das Pentagon hat den Klimawandel zu einer Frage der Nationalen Sicherheit erklärt. [1]

Wenn Trump nach dem Motto "America first!" handelt, dann wird er einen internationalen Klimaschutzvertrag nur dann gutheißen, wenn er sich Vorteile davon verspricht. Die Regierungen anderer Länder handeln jedoch aus aus keiner anderen Motivlage heraus. Beispielsweise sieht die Bundesregierung den Klimawandel als Chance, Vorteile gegenüber wirtschaftlichen Konkurrenten zu gewinnen: "Aktive Klimaschutzpolitik ist für Deutschland auch eine wirtschaftliche Chance. Investitionen in Klimaschutz und Energieeffizienz machen Unternehmen zukunfts- und wettbewerbsfähiger und verringern die Abhängigkeit von Energieimporten." [2]

Sollte also der US-Präsident nicht aus dem Klimaabkommen von Paris aussteigen, dann wird man dem Milliardär und Konzernchef vermutlich ein Angebot unterbreitet haben, das in wirtschaftlicher Hinsicht attraktiv für ihn sein muß. Da bieten die von den Industriestaaten zugesagten milliardenschweren Finanzströme, die ab dem Jahr 2020 in die ärmeren Länder gelenkt werden sollen, um sie im Kampf gegen den Klimawandel zu unterstützen, geradezu vorgezeichnete Optionen. Der Emissionshandel liegt zwar derzeit am Boden, könnte aber in verschiedenen Varianten wieder auferstehen.

Kurz gefaßt bedeutet Emissionshandel, daß die Industriestaaten die Luft mit CO2-Emissionen verdrecken dürfen, wenn sie ärmere Länder dafür bezahlen, daß diese den Dreck für sie wieder wegmachen. So ein Modell läßt sich auch auf andere Verwertungsformen dessen, was gemeinhin Natur oder Natur"ressourcen" genannt wird, übertragen: Bewahrung der Biodiversität, schonende Bodenbearbeitung, nachhaltige Fischerei ...

Die Profiteure der kapitalistischen Wirtschaftsweise sind ziemlich erfinderisch, wenn es darum geht, neue Anlagemodelle zu schaffen, Absatzmärkte auf- oder auszubauen und die Verfügungsgewalt zugunsten kapitalstarker Investoren zu verschieben. So könnte die in verschiedenen Ländern zu beobachtende Vertreibung der ursprünglichen Bevölkerung aus ihren angestammten Lebensräumen unter dem Vorwand des Klimaschutzes erst der bittere Vorgeschmack von Geschmacklosigkeiten sein, mit denen in Zukunft in die ärmeren Länder investiert wird, "um ihnen unter die Arme zu greifen". [3]

Was auch immer beim G7-Treffen vom 26. bis 27. Mai auf Sizilien zwischen Merkel, Macron, May, Gentiloni, Abe, Trudeau und Trump ausgehandelt wird, man weiß nicht, was sich am Ende als verheerender für den Klimaschutz und damit den Schutz der gefährdetsten Menschen erweist, das Pariser Abkommen mit oder ohne die USA.


Fußnoten:

[1] http://archive.defense.gov/pubs/150724-congressional-report-on-national-implications-of-climate-change.pdf

[2] http://www.bmub.bund.de/themen/klima-energie/klimaschutz/nationale-klimapolitik/

[3] https://urgewald.org/sites/default/files/85733_mailing_redd_7_final.pdf

25. Mai 2017


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