Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → TICKER


ATOM/088: Halbwertzeit - Recht hin, Verträge her ... (BBU)


Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)
Pressemitteilung vom 28.03.2017

BBU: Kein Export von Brennelementen - Uranfabrik in Lingen sofort stilllegen!


(Bonn, Lingen, Brüssel, 28.03.2017) Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) unterstützt die aktuellen Proteste nordrhein-westfälischer Anti-Atomkraft-Organisationen gegen die Belieferung des belgischen AKW Tihange 2 mit frischen Brennelementen aus der Brennelementefabrik in Lingen (Emsland, Niedersachsen). Der BBU fordert, dass Bundesumweltministerin Barbara Hendricks endlich gemeinsam mit der rot-grünen Landesregierung in Hannover alle rechtlichen und politischen Mittel ausschöpft, um weitere Exporte von Brennelementen von Lingen nach Belgien oder in andere Länder zu unterbinden. Der BBU verweist auf ein Rechtsgutachten von Frau Dr. Cornelia Ziehm, die schon im Sommer 2016 die weitreichenden Handlungsspielräume zur Unterbindung der Brennelemente-Transporte dargelegt hat [1].

Darüber hinaus fordert der BBU konkret von der niedersächsischen Landesregierung auch die sofortige Aufhebung der Betriebsgenehmigung der Brennelementefabrik in Lingen. "In Lingen dürfen überhaupt keine Brennelemente mehr produziert werden, weder für inländische noch für ausländische Atomkraftwerke. Die Anlage in Lingen ist jahrzehntealt und pannenanfällig. Zudem trägt sie mit dazu bei, dass die Atommüllberge ständig anwachsen. Das muss gestoppt werden, denn das offensichtliche Atommüll-Desaster darf nicht noch verschlimmert werden", fordert BBU-Vorstandsmitglied Udo Buchholz.

Schon weit über 200 Initiativen und Organisationen haben sich der Lingen-Resolution angeschlossen, mit der die sofortige Stilllegung der Brennelementefabrik in Lingen, aber auch die sofortige Stilllegung des AKW Lingen 2, gefordert wird. Weitere Organisationen können sich der Resolution noch anschließen [2].

Mit einer großen Demonstration wurde im Herbst 2016 sowohl für die sofortige Stilllegung der Atomanlagen bzw. Atomkraftwerke in Lingen als auch in Belgien - und anderswo - demonstriert. Weitere Aktionen der Anti-Atomkraft-Bewegung sind in Vorbereitung.

Der BBU ist der Dachverband zahlreicher Bürgerinitiativen, Umweltverbände und Einzelmitglieder. Er wurde 1972 gegründet und hat seinen Sitz in Bonn. Weitere Umweltgruppen, Aktionsbündnisse und engagierte Privatpersonen sind aufgerufen, dem BBU beizutreten um die themenübergreifende Vernetzung der Umweltschutzbewegung zu verstärken. Der BBU engagiert sich u. a. für menschen- und umweltfreundliche Verkehrskonzepte, für den sofortigen und weltweiten Atomausstieg, gegen die gefährliche CO2-Endlagerung, gegen Fracking und für umweltfreundliche Energiequellen.

*

Folgend die aktuelle Pressemitteilung des Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie und des Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen zu den Brennelementetransporten von Lingen zum Atomreaktor Tihange 2

Aachen/Münster, 28. März 2017

Jetzt auch Brennelemente aus Lingen für Pannenreaktor Tihange 2
Bundesumweltministerin Hendricks gibt grünes Licht für Export
Atomkraftgegner: Ministerin leistet aktive Beihilfe zum AKW-Betrieb


Die Brennelementefabrik in Lingen beliefert mit Billigung des Bundesumweltministeriums seit Anfang März erstmals auch den aus Sicherheitsgründen heftig umstrittenen Pannenreaktor Tihange 2 bei Lüttich in Belgien mit Brennelementen. Das geht aus der aktuellen Transportliste des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE), Antworten der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken sowie Recherchen des WDR hervor. Das Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie und das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen reagieren empört auf die erhebliche Zuspitzung der Diskussion um die Brennelementeexporte aus Lingen:

"Umweltministerin Hendricks bat im letzten Jahr selbst um die Abschaltung des Reaktors Tihange 2. Jetzt lässt sie genau diesen Reaktor erstmals mit Brennelementen beliefern. Frau Hendricks bedroht mit dieser Entscheidung bewusst die körperliche Unversehrtheit und das Leben nicht nur der Menschen in Nordrhein-Westfalen. Die Umweltministerin muss umgehend Konsequenzen ziehen," forderte Jörg Schellenberg vom Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie.

Bereits im letzten Jahr hatten Anti-Atomkraft-Initiativen aufgedeckt, dass die zum französischen Atomkonzern Areva gehörende Brennelementefabrik im Emsland erstmals auch den ebenfalls wegen Tausender Haarrisse sehr gefährlichen Reaktor Doel 3 bei Antwerpen beliefert - auch hier mit Billigung durch das Bundesumweltministerium. Da auch Doel 1 und 2 aus Lingen beliefert werden, versorgt Deutschland nun bereits vier von sieben belgischen AKW mit Brennelementen - und ist damit zum Hauptlieferant geworden!

"Vor einem Jahr machte Umweltministerin Hendricks als engagierte Kritikerin der belgischen Pannenreaktoren von sich reden - nun tritt sie durch die frischen Exportgenehmigungen für Brennelemente als wichtigste Garantin für deren Weiterbetrieb auf - das ist ein Skandal! Gibt es womöglich neben dem öffentlichen deutsch-belgischen Atomabkommen vom Dezember 2016 weitere nicht-öffentliche Zusatz-Deals, z. B. zu den Uranbrennstofflieferungen aus Deutschland?", fragt Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.

Die beiden Aktionsbündnisse erinnern daran, dass auch die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau die belgischen AKW mit Uranbrennstoff versorgt - und zwar zum Teil via Lingen, aber auch über weitere Atomanlagen in den USA, in Großbritannien und Spanien. Die Anti-Atomkraft-Initiativen fordern deshalb von Bundesumweltministerin Hendricks ein umgehendes Exportverbot für angereichertes Uran aus Gronau und für Brennelemente aus Lingen.


Weitere Informationen:
www.stop-tihange.org, www.urantransport.de, www.sofa-ms.de


Anmerkungen:
[1] https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Exportstopp_Brennelemente_Lingen.pdf
[2] http://bbu-online.de/AK%20Energie/Aktuelles%20AK%20Energie/Lingen-Resolution%202017.pdf

*

Quelle:
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e.V.
Prinz-Albert-Str. 55, 53113 Bonn
Telefon: 0228/21 40 32, Fax: 0228/21 40 33
Internet: www.bbu-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. März 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang