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DEBATTE/012: Bundesarbeitskreis Wasser des BUND kritisiert Wasserkraftapologeten (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1021, vom 20. Sept. - 2013 32. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Bundesarbeitskreis Wasser des BUND kritisiert Wasserkraftapologeten



Die ökologischen Nachteile einer verstärkten Wasserkraftgewinnung standen im Mittelpunkt einer bundesweiten Zusammenkunft von BUND-Wasserexperten am 20. Sept. 2013 in Fulda. Kritisch setzten sich die BUND-Wasserfachleute mit einem Thesenpapier der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) zur Wasserkraftgewinnung auseinander. Die DWA propagiert in elf Thesen die Meinung, dass die Energiewende nur durch einen verstärkte Nutzung der Wasserkraft zu schaffen sei. Nach Meinung der Aqua-BUNDler würden in den DWA-Thesen ökologische Prämissen völlig unterbelichtet bleiben. Dies sei u.a. darauf zurückzuführen, dass die DWA-Thesen fast ausschließlich von Ingenieuren aus dem Wasserbaubereich verfasst worden seien. Bei ihrer kritischen Einschätzung des Zubaus von Wasserkraftanlagen mussten sich die TeilnehmerInnen der Runde in Fulda auch mit verbandsinternen Vorwürfen auseinandersetzen. Den Wasserkraftkritikern im BUND wird vorgehalten, dass sie auf gleicher Stufe "wie die FDP und die Monopolkommission" stehen würden, wenn es darum gehe, die Energiewende zu sabotieren. Der Bundesarbeitskreis Wasser des BUND will angesichts dieser Kontroversen auch anregen, dass im BUND stärker als bislang über die Auswirkungen aller alternativen Energien auf die Biozönosen diskutiert wird. Nach der anfänglichen Euphorie über Biomasse und Biogas hat der BUND bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die als Querschnittsgremium die Auswirkungen der Erneuerbaren Energien auf den Naturschutz diskutiert. U.a. in dieser BUND-internen Arbeitsgruppe werden auch die BUND-Anforderungen an eine Weiterentwicklung des EEG debattiert.

"Grünes Mäntelchen für Steinschüttungen und Spundwände?"

Die Strukturverbesserung an den Bundeswasserstraßen war ein weiteres Thema auf der Sitzung des Bundesarbeitskreises Wasser des BUND in Fulda. Die Teilnehmenden konstatierten einen Generationenwechsel und ein Umdenken bei den Wasserbaubehörden und in den Wasserwirtschaftsverwaltungen: "Ein Umschwung ist im Gange! Die Maschinerie ist in Bewegung gekommen". Angesichts der gewässerökologischen Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie sei in den Verwaltungen eine große Verunsicherung zu verspüren: Die ehemals in Beton denkenden Wasserbauer müssten jetzt auf ein Mal ökologischen Gewässerausbau betreiben. Deshalb würde man inzwischen aus den ratlosen Verwaltungen heraus auch den Kontakt zu den Naturschutzverbänden suchen. Die sich daraus ergebenden Chancen sollte man nutzen - damit man sich in den Behörden nicht damit begnüge, den Steinschüttungen und Spundwänden "ein grünes Mäntelchen umzuhängen".

Ein weiterer Aspekt sei, dass wegen der Reform der Wasserstraßenverwaltung sei die Bundeswasserstraßenverwaltung bemüht sei, die jetzt als untergeordnet und nachrangig eingestuften Bundeswasserstraßen an die Bundesländer abzudrücken. Das sich daraus ergebende Potenzial zur Renaturierung dieser ehemaligen Bundeswasserstraßen könne aber nicht genutzt werden. Denn die unter Finanzmangel ächzenden Länderumweltministerien wehren sich mit Händen und Füßen gegen eine Übernahme der ehemaligen Bundeswasserstraßen. Die sich jetzt ergebenden Chancen für eine Fließgewässerrenaturierung könnten auch deshalb nicht genutzt werden, weil die Verbände der Hausbootbetreiber, Motorjachtbesitzer und Wassersportler mit zunehmender Vehemenz fordern, dass die ehemaligen Bundeswasserstraßen für den Wassertourismus weiterhin in Schuss gehalten werden müssten. Gleichwohl sei zu erwarten, dass sich an den mehr oder weniger aufgelassenen Bundeswasserstraßen ökologische Verbesserungen einstellen werden. Die große Gefahr sei allerdings, dass man sich seitens der Behörden mit dem "Klein-Klein" an den nachrangigen Bundeswasserstraßen begnügen werde - während an den freifließenden Abschnitten der großen Ströme (Elbe, Rhein) zu Gunsten der Intensivierung der Güterschifffahrt im Großen und Ganzen der bisherige Wasserbau weiterbetrieben wird - oder gar eine Vertiefung nach der anderen praktiziert wird. Hinzu komme der sich stetig verschärfende Personalmangel: Fachleute für Gewässerökologie und für die Umsetzung der WRRL an Wasserstraßen würden vor allem in den Bundesländern fehlen.

"Die Schifffahrt schafft sich selber ab!"

Bei der BUND-Debatte über die ökologischen Strukturverbesserungen an den Bundeswasserstraßen nahmen die schwindenden Finanzressourcen bei der Bewirtschaftung der Fluss- und Kanalabschnitte einen großen Raum ein. Man müsse seitens der Naturschutzverbände mehr denn je problematisieren, dass Bund und Länder gar nicht mehr in der Lage sind, den Substanzerhalt der Bundeswasserstraßen zu finanzieren. So werde schon überlegt, wegen der Reparatur zweier kaputter Schleusen den Rhein-Main-Donau-Kanal für zwei Jahre zu schließen. "Die Schifffahrt schafft sich selber ab!" Angesichts des nicht mehr zu gewährleistenden Substanzerhalts und er sich stetig verschlechternden Kosten-Nutzen-Berechnungen müsse der abschnittsweise ökologische Rückbau schwach befahrener Bundeswasserstraßen gefordert werden.

Strukturverbesserung: Keine weiteren Pille-Palle-Renaturierungen!

Aufgabe der Naturschutzverbände sei, sowohl für die aufgegebenen Wasserstraßen als auch für die weiterhin stark genutzten Wasserstraßen ökologische ausgerichtete Gesamtkonzepte einzufordern, "damit nicht länger nur rumgedokert" wird. Die Bundesanstalt für Gewässerkunde und die Bundesanstalt für Wasserbau sollen aufgefordert werden, endlich ein kohärentes Konzept zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie vorzulegen. Man müsse der Bundeswasserstraßenverwaltung helfen, von den bislang praktizierten "Pille-Palle-Projekten mit Millionenaufwand" abzusehen. Auch der BUND müsse Vorschläge machen, wie das knappe Geld mit größerer ökologischer Zielwirkung als bislang in die Ökologisierung der Bundeswasserstraßen investiert werden könne. Gleichwohl sei vor allem an den staugeregelten Flussabschnitten vor zu weitgehenden Erwartungen zu warnen: "Die Dynamik eines freifließenden Flusses ist vollkommen kontraproduktiv zu den Anforderungen der Schifffahrt!" Niemand würde an der Binnenwasserstraße Rhein wieder eine Seitenerosion zulassen. Letztlich können wir an staugeregelten Flussabschnitten "nur Heftplaster" realisieren, so eine Meinung in Fulda.

"Ist die Gesellschaft für Gewässerdynamik bereit?"

Am Niederrhein sollen weitere Flutmulden angelegt sowie weitere Renaturierungsmaßnahmen und Hochwasserschutzmaßnahmen durchgeführt werden. Nach der Pleite mit der Flutmulde Rees sei man seitens der Wasserstraßenverwaltung bemüht, in der Zusammenarbeit mit den Naturschutzverbänden ökologisch besser angepasste Lösungen zu realisieren. In Rees konnte man eine ökologisch sinnvolle Lösung nicht durchführen, weil der Bestandsschutz für einen im Überflutungsbereich liegenden Campingplatz nicht angetastet werden durfte. Stattdessen wurde die Flutmulde Rees mit gewaltigen Steinpackungen gesichert, um jegliche Seitenerosion bei Rheinhochwasser zu verhindern. Angesichts der naturfernen Lösung in Rees müsse man die Behörden ermuntern, auszutesten, wie viel Dynamik und wie viel Biodiversität an dem jeweiligen Flussabschnitt möglich sei. Im Hinblick auf die gesellschaftliche Akzeptanz sei aber auch angeraten, sich seitens der Naturschutzverbände zu fragen: "Ist die Gesellschaft für Gewässerdynamik bereit?"

Weitere Auskunft zu den Aktivitäten des Bundesarbeitskreises Wasser des BUND (vgl. auch RUNDBR. 990/2-3) bei
BUND-Wasserreferat - Herrn Winfried Lücking
Am Köllnischen Park 1; 10179 Berlin
Tel.: 030-27586-465; 27586-440
E-Mail: winfried.luecking@bund.net
www.bund.net/wasser; www.flussbuero.de

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1021
Herausgeber:
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser
im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU),
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E-Mail: nik[at]akwasser.de
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Oktober 2013