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MÄRCHENKOCH - SUPPE/001: Käsesuppe mit knusprigem Weißbrot (SB)


HANS NEUNMALKLUG


Hans war ein Müllergeselle. Und wie es sich vorzeiten für einen Gesellen ziemte, ging er auf die Wanderschaft, um sich bei den angesehenen Müllern des Landes zu verdingen. Das Umherziehen gefiel Hans über alle Maßen, denn er liebte es, das weite Land zu durchwandern und die Eigenarten der vielen Menschen kennenzulernen, mit denen er unterwegs zusammentraf.

Bald meinte er von sich, ein recht lebenskluger und erfahrener Bursche zu sein. Doch wenn er dem Müllermeister, der ja aus seiner Mühle kaum herauskam und daher nicht so viel von der Welt wissen konnte wie Hans, mit seinen klugen Ratschlägen in den Ohren lag, bekam er nur zu hören: "Hans, sei nicht so neunmalklug!" Und weil Hans nicht aufhören konnte, unerbetene Ratschläge zu erteilen und klug daherzureden, wurde er überall nur noch Hans Neunmalklug genannt.

Das ärgerte Hans ordentlich. Und daher kam ihm in die Gedanken, so weit zu wandern, bis er in ein anderes Land gelangte, wo er fremd war und die Menschen ihn nicht Hans Neunmalklug nannten. Also tat er's, machte sich mit neuem Mut auf den Weg und pfiff ein Lied dabei.

Er schritt tapfer aus, immerzu von Morgen bis Abend, und schließlich gelangte er in ein kleines Dorf. Und weil es ihm gar wunderlich klang, wie die Leute auf dem Dorfplatz redeten, wußte er, daß er in ein anderes Land gekommen war.

Mit allerlei Gebärden suchte er, sich ihnen verständlich zu machen, und schließlich wurde er mit großem Lärm zu einem Gehöft gebracht, das ein wenig abseits an einem kleinen Weiher lag. Der Bauer trat heraus und als Hans mit ausgestrecktem Arm zur Mühle hinaufdeutete, hielt er Hans für nicht recht klug, packte ihn kurz entschlossen am Kragen und stieß ihn vor sich her in den Kuhstall hinein. Dort drückte er ihm eine Mistgabel in die Hand und überließ ihn ohne ein weiteres Wort seinem Schicksal.

Hans, der lange nichts gegessen hatte, wußte sich nicht anders zu helfen, als dem Bauern seinen Kuhstall auszumisten, damit er ihm ein Stück Brot und ein Nachtlager gab. Nach einer Weile kam der Bauer zurück, um nach Hans zu sehen. Und weil der Kuhstall blitzsauber und mit frischem Stroh ausgelegt war, klopfte er ihm anerkennend auf die Schulter und führte ihn zu seiner Frau in die Küche, damit sie ihm zu Essen gab und ein Lager im Gesindehaus zuwies.

So kam es, daß Hans, der Müllergeselle, sich als Stallknecht verdingte, denn nach Hause zurückkehren mochte er um alles nicht. Und weil ohnehin niemand verstehen konnte, was er sprach, lernte er, still zu sein und lieber Augen und Ohren offen zu halten, damit ihm nichts entging.

Eines Tages begab es sich, daß der Bauer nicht im Hause war. Die Bäuerin hatte einen großen runden Käse, den sollte der Müller bekommen, aber sie selbst war zu schwach, um ihn auf den Hügel zur Mühle zu schleppen. Also holte sie Hans herbei und deutete immer wieder auf den Käse und dann zur Mühle hinauf. Hans begriff sogleich, was sie von ihm verlangte, lud den Käse auf seinen Rücken und machte sich auf den Weg.

Oben angekommen, trat gerade der alte Müller aus seiner Mühle und winkte Hans zu sich heran. Er bat ihn einzutreten und weil Hans ihm nicht so großsprecherisch und von sich eingenommen erschien wie die Müllergesellen, die sonst bei ihm anklopften, lud er ihn zum Essen zu sich ein. Die Müllerin schnitt mit einem Messer ein gutes Stück aus dem Käse heraus, den Hans herbeigetragen hatte. Dann stellte sie einen Topf auf das Feuer, tat Schmalz und eine gute Brühe hinein und machte sich daran, das Käsestück über eine Reibe zu streichen. Den geriebenen Käse rührte sie in die Suppe ein und gab noch ein paar Löffel Sahne hinzu, damit die Suppe schön sämig geriet.

Unterdessen hatte der Müller ein frisches Brot aus dem Ofen gezogen, das einen wunderbaren Duft verströmte, der Hans gar lieblich in die Nase stieg. Als er kurz darauf am Tisch saß und ein Stück von dem knusprigen Brot in die dampfende Suppe tunkte, meinte er fast, im Paradies zu sein. Der Müller, der ihn wohl für stumm gehalten hatte, blickte erstaunt auf, als sich Hans mit dem Finger auf die Brust tippte und sagte: "Ich bin Hans, der Müllergeselle." Der alte Müller nickte ihm verstehend zu und wiederholte bedächtig, wobei er mit dem Finger auf ihn wies: "Hans - Müller."

Hans sprang vor Freuden auf, denn nun endlich war ihm ein neuer Name gegeben worden und er mußte nicht mehr Hans Neunmalklug sein. Mit leichtem Herzen machte er sich auf den Heimweg, und als er dort anlangte, wurde er nur noch Hans Müller genannt, denn er verstand sein Handwerk, führte keine großspurigen Reden und erteilte nur Ratschläge, wenn man ihn darum bat.


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KÄSESUPPE MIT KNUSPRIGEM WEISSBROT
Zutaten für 2 Personen

1 kleine Zwiebel, sehr fein gewürfelt
1 TL Butter (oder auch Butterschmalz)
1 Eigelb
200 ml Sahne
1 TL Mehl
125 ml würzige Brühe
80 g geriebenen Käse (z.B. Gouda)
1 Prise Pfeffer

½ Stangenweißbrot oder
3-4 frische Brötchen


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Die Butter in einem Topf zerlassen und die Zwiebelwürfel darin dünsten, bis sie glasig werden (nicht bräunen). Mit einer Prise Pfeffer bestäuben.

Das Mehl in den Topf geben und schnell mit den Zwiebeln in der Butter verrühren, so daß eine glatte Masse entsteht.

Nun die Brühe und die Sahne dazugießen und unter ständigem Rühren alles einmal kurz aufkochen lassen. Die Hitze verringern und das Eigelb sowie den Käse in die Suppe rühren.

Wenn der Käse geschmolzen ist, kann die Suppe sofort serviert werden.

(Falls das Stangenweißbrot nicht mehr knusprig-frisch ist, sollte es mit ein wenig Wasser eingepinselt und im Backofen bei ca. 200 °C noch einmal kurz aufgebacken werden. Bei Brötchen genügt der Toasteraufsatz.)

22. Januar 2007