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TIPS/040: Fond, Marinade, Sud - Profiköche kochen auch nur mit Wasser (SB)


Fond, Marinade, Sud - Profiköche kochen auch nur mit Wasser


Fisch läßt sich dämpfen im Sud, kochen in einem Fond, und vor dem Braten kann er auch in einer Marinade eingelegt werden. Mancher Salat bekommt einen Fond, er kann auch eine Marinade erhalten, mit Ausnahme vom Kartoffelsalat wird er in der Regel aber nicht mariniert.

Letztlich beschreiben diese Begriffe meist in irgendeiner Form mit Würz- und Geschmackstoffen versehenenes Wasser oder aber die (oft mit Würzstoffen angereicherte) Flüssigkeit, die aus dem Lebensmittel heraustritt. Was ist nun genau was? Bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, daß die feinen Unterschiede im Laufe der Zeit im wahrsten Sinne verwässert sind. Verfolgt man die Begriffe einmal bis in ihre Ursprünge zurück, findet man Erhellendes, wenngleich oder gerade weil sie interessanterweise eigentlich aus ganz anderen Zusammenhängen stammen.

Fond

Der Rücksitz des Autos ist ebenso ein Fond wie die Geldvermögensreserve. Denn der Begriff bedeutet eigentlich "Hintergrund" und wurde im 18. Jahrhundert aus französisch "fond", "Grund, Grundstock" entlehnt, welches wiederum auf lateinisch "fundus": "Boden, Grund(lage)" zurückgeht. Auch das Substantiv Fundament (lat. "fundamentum") für "Unterbau, Grundlage" ist damit verwandt. Nicht nur im bautechnischen Sinne steht und fällt ein Werk mit seinem Unterbau, auch der Gourmet weiß um die buchstäblich fundamentale Bedeutung einer soliden Grundlage seiner Speise.

Der Fond ist somit bei der Zubereitung der Hintergrund, die wertvolle Basis, auf der alles weitere fußt: Beim Bratgut, sei es Fisch, Fleisch, Wild oder Geflügel, ist es der in der Pfanne haftende Bratensatz, der, mit Wasser aufgegossen, zur Soße verarbeitet wird. Für Fischfond werden auch gern Reste von Speisefischen wie Köpfe und Gräten oder auch Hummer- oder Krabbenschalen ausgekocht; und bei einem Salat, etwa Gurkensalat, ist es das mittels Salz aus dem Gemüse herausgezogene Wasser, welches mit Essig, Öl und anderen Würzmitteln abgeschmeckt wird.

Als "Grundstock" kann es sich beim Fond zudem auch um eine - oft stark eingekochte - klare Brühe handeln, die die klassische Saucengrundlage bildet. "Fond blanc" ist eine helle Kalbsbrühe, die als Basis für ein Kalbsblankett verwendet wird; aus dem "Fond de volaille" (Geflügelbrühe) läßt sich Hühnerfricassee zubereiten.

Marinade

Nicht nur vom Klang her erinnert das Wort an die Marine: Tatsächlich hat es hier seine Wurzeln und ist somit auf "die See, das Meer betreffend" zurückzuführen. Kochtechnisch gesehen beschrieb dieser Begriff einst das Einlegen von Fisch in Salz- bzw. Meerwasser, nicht nur um das Aroma aufzuwerten, sondern in erster Linie, um den Fang vor dem Verderben zu bewahren. Später wurde der Begriff erweitert auf Gemüse und Fleisch. Auch besteht die Marinade schon längst nicht mehr nur aus Salz und Wasser. Mariniert wird zum Beispiel Fleisch wie der Sauerbraten: Hier zieht das Fleisch drei Tage lang in einer Flüssigkeit aus einem Teil Essig und zwei Teilen Wasser, der Zwiebeln und Möhrenstücke, Kräuter und Gewürze beigefügt werden. Es geht aber auch ohne Wasser: Bei einer Weinmarinade wird Fleisch in Weiß- oder Rotwein eingelegt, Wild zieht oft zum Zartwerden mehrere Tage in Buttermilch.

Wenn Salat mithilfe einer Würztunke verfeinert wird, spricht man auch hier von einer Marinade, selten jedoch vom Marinieren. Vielmehr wird er eingehüllt, oder "bekleidet" mit einer Marinade oder einem Dressing. Nicht von ungefähr erinnert das Wort "Dressing" dabei an Dreß (Sport- oder Reitdreß, Dressman o.ä.): es stammt aus dem Englischen von "dress" - "Kleidung" und läßt sich auf "aufmachen", "herrichten" zurückführen.

Das wichtigste Unterscheidungskriterium zwischen Dressing und Marinade ist die Konsistenz: Eine Marinade ist dünnflüssig und zieht in den Salat ein (der klassische Vertreter ist die Vinaigrette - von frz. "vinaigre": "Essig" - aus Essig, Öl und Würzmitteln); ein Dressing ist meist von cremiger Beschaffenheit (Zitronen-Sahne-Dressing, Thousand-Island-Dressing) und wird erst kurz vor dem Servieren auf den Salat aufgetragen.

Beize

Synonym für Marinieren ist das Beizen, wenngleich dieser Begriff die Sache von einer anderen Seite her angeht. Es geht auf "weiden lassen, das Pferd unterwegs füttern, einkehren" zurück und ist das Veranlassungswort zu "beißen". Die ursprüngliche Bedeutung ist also "beißen lassen, beißen machen". Beißen bedeutet "hauen, spalten", und genau das soll eine Beize in verschiedensten Bereichen tun: Bei der Färberei ebenso wie bei der Holzbearbeitung, der Jagd - oder eben in der Küche, wo das zu bearbeitende Kochgut durch Bestreichen, Einreiben, Einlegen oder Vermischen mit der Beize geschmacklich aufbereitet, quasi "angebissen", also aufgespalten, in der Beschaffenheit verändert wird.

Sud

Laut Lexikon ist der Sud eine Flüssigkeit, in der etwas gekocht wird oder eine durch Auskochen entstandene Flüssigkeit (auch "besudeln" ist übrigens damit verwandt), wobei diese Tunke meist einen dickflüssigen, bisweilen sogar breiigen Charakter hat. "Brei" bedeutet ursprünglich "Sud, Gekochtes, Wurstbrühe", und hier ist der Sud die beim Wursten und Kochen von Wellfleisch anfallende schmackhafte Brühe, die besonders bei Schlachtfesten als Suppe gegessen wird.

Ein Fischsud (Court-Bouillon) bei der Zubereitung von Kochfisch ist zunächst einmal schlichtes Salzwasser, dem je nach Fischart noch gebündelte Petersilienstiele, Pfefferkörner, eine mit Lorbeer und Nelken gespickte Zwiebel, Möhrenscheiben sowie eventuell Zitrone, Wein oder Essig oder ähnliches zugegeben wird (als Faustregel gilt "je feiner der Fisch, desto weniger Würzstoffe!). In Fischsud werden Fische und Schalentiere bei schwacher Hitze langsam gegart.

Somit unterscheidet sich der Sud eigentlich kaum vom Fond und noch weniger von der Marinade. Und doch ist es nicht dasselbe: Der Sud dient nicht, wie die Marinade einst, der Haltbarmachung, sondern ausschließlich dem Garen, also zum Bekömmlichmachen einer Speise. Auch wird der Sud in dieser Form nicht für die Saucenzubereitung weiterverwendet, sondern meist nach mehrfachem Benutzen entfernt. Ausnahmen bestätigen aber die Regel, in diesem Fall, wenn der Sud beim Dämpfen entsteht. Bei dieser Zubereitungsmethode, die in speziellen Geschirren mit Siebeinsatz verrichtet wird, tritt die Flüssigkeit direkt aus dem Gargut aus und ist somit eine wertvolle Substanz, die sich hervorragend für die Saucenzubereitung (etwa einer Dillsauce zum gedämpften Lachs) eignet.


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Fazit: Ob Fond, Marinade oder Sud, auch Profiköche kochen - wenngleich mit viel Fingerspitzengefühl - eigentlich nur mit Wasser. Kein Wunder also, wenn die Übergänge fließend sind: Heute spricht man in der Restaurantküche beim Kartoffelsalat korrekterweise vom Marinieren, sein Synonym Beizen wäre aber Fehl am Platze; der Kochfisch gart im Fond (Salzwasser), welcher hinterher weggeschüttet wird; und die Sauce Vinaigrette ist für den einen ein Dressing, für den anderen eine Marinade - und für Hobbyköche, die mit Semantik weniger am Hut haben, sondern sich lieber auf das reine Geschmackserlebnis konzentrieren, schlicht eine Salatsauce.

20. Mai 2011