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TOURTIP/1005: Berlin, Stadt der Seen (3) - Schöne Wasserwelt zwischen Berlin und Potsdam (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 170 - Oktober/November 2012
Die Berliner Umweltzeitung

UNTERWEGS IN BERLIN
Berlin - Stadt der Seen (3)
Schöne Wasserwelt zwischen Berlin und Potsdam

von Christoph Vinz



Mit fast eintausend Hektar Fläche ist der westliche Düppeler Forst zwischen Glienicker Brücke, Heckeshorn und Griebnitzsee Teil des Berliner NATURA 2000-Gebiets. Zum Areal gehören auch der Volkspark Klein-Glienicke, Böttcherberg und Pfaueninsel. Der Wald gilt als bedeutendes Vogelbrutgebiet, in dem neben Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan auch der seltene Eisvogel vorkommt. Der Düppeler Forst umfasst naturnahe Waldbereiche mit teils altem Baumbestand, kleinflächige Niedermoore, darunter das Naturschutzgebiet "Großes Fenn" (ein nicht zugängliches Moorgebiet) und die schilfreichen Havelufer mit ihren Verlandungszonen.

Unsere heutige Tour beginnt am Großen Wannsee (allgemein "Wannsee" genannt), der sich über eine Fläche von fast drei Quadratkilometern erstreckt und eine Länge von mehr als zwei Kilometern aufweist. Eigentlich ist der Wannsee "nur" eine große Ausbuchtung der Havel, die hier Tiefen bis neun Meter erreicht. An seinem Ufer liegt Berlins bekanntestes Strandbad, das bereits 1907 als sogenanntes Familienbad eröffnet wurde. Seit fast 150 Jahren expandierte das Gebiet um den See zu einer der "feinen Adressen" der Hauptstadt. Neben den oft schlossähnlichen Villen der Noblen und Neureichen siedelten sich exklusive Segelclubs und Rudervereine an, und seit 1895 existiert hier ein Golfplatz, der unbeirrt bis heute seine Traditionen pflegt.

Am Westufer findet der Interessierte bei einem Rundgang historische Prachtvillen wie das Haus Springer, das 1901 vom Architekten des berühmten Warenhaus Wertheim am Leipziger Platz, Alfred Messel, entworfen wurde. Hier kann auch die Villa Liebermann mit ihrem vom Maler inspirierten Garten besichtigt werden, und es lohnt unbedingt ein Besuch der nicht weit entfernten Villa Marnier (1914). Diese ging durch die sogenannte "Wannseekonferenz" von 1942 unrühmlich in die Geschichte ein und ist seit etwa zehn Jahren eine gut besuchte Gedenkstätte, die vor allem für Jugendgruppen von großem Interesse ist.

Auf dem Wannsee herrscht in der warmen Jahreszeit stets ein reges Treiben. Viele Ausflugsschiffe fahren von der Anlegestelle nahe Bahnhof Wannsee zu Rund- oder Havelfahrten oder bis über Potsdam hinaus. Als Geheimtipp gilt jedoch eine (preisgünstige!) Fahrt mit der BVG-Fähre nach Kladow.

Übrigens befindet sich der Ortsteil Wannsee auf einer künstlichen Insel, die über fünf Brücken mit dem Umland verbunden ist. Umschlossen wird dieses Eiland von Havel, Großem Wannsee, Griebnitzsee und Glienicker Lake.

Vom Kleinen Wannsee in Richtung Potsdam

Wir folgen dem südwestlichen Ende des Großen Wannsee, der hier in den Kleinen Wannsee übergeht. An seiner Ostseite gelangt man von der Bismarckstraße aus zu einem bis ans Ufer reichenden parkähnlichen Gelände, wo Geschichtsinteressierte das erst 2012 restaurierte Kleistgrab besuchen können.

Vom Kleinen Wannsee verläuft der Griebnitzkanal über rund vier Kilometer durch Pohle- und Stölpchensee bis hin zum Griebnitzsee. Aus nicht ganz klaren Gründen hat der künstliche Wasserlauf sogar noch einen zweiten Namen: Prinz-Friedrich-Leopold-Kanal. Möglicherweise ist die Namensgebung auf den preußischen Prinzen Friedrich Leopold zurückzuführen, der 1889 in der Nähe das Jagdschloss Glienicke im damals angesagten Neorenaissance- und Barockstil umbauen ließ.

Zwischen Kleinem Wannsee und Pohlesee kann die Alsenbrücke als eine Art Grenzlinie zwischen beiden Gewässern angesehen werden. Auch hier sind Liegeplätze von sehr eleganten Yachten zu finden, und vereinzelt grüßen Prachtbauten des frühen 20. Jahrhunderts am Waldrand den Wanderer. So ist in der ehemaligen, repräsentativen Villa Joerger heute eine Bildungsstätte für die internationale Jugendarbeit, das Wannsee-Forum, untergebracht.

Wir folgen dem Griebnitz- oder Prinz-Friedrich-Leopold-Kanal und erreichen den idyllischen Stölpchensee mit Kanu- und Bootsverleih, Schiffsanleger und gemütlichen Ausflugslokalen samt Biergärten unter alten Bäumen. Am nördlichen Ufer des Sees liegt das namensgebende Dorf Stolpe, dessen markante Stülerkirche (1858/59) am Wilhelmplatz den Wanderer begrüßt. Im neoromanischen Stil errichtet, ertönt vom wuchtigen Turm stündlich Berlins ältestes Glockenspiel (es stammt noch aus dem Vorgängerbau) mit einem Choral. Berühmt wurde ein früherer Einwohner Stolpes, der durch seine legendäre Kutschfahrt nach Paris als "Eiserner Gustav" in die Geschichte einging.

Zurück in Wassernähe passiert der Wanderer die Hubertusbrücke, die den Kanal zwischen Stölpchen- und Griebnitzsee überspannt. Wer gern einmal dies Gebiet erkunden möchte, kann wahlweise vom S-Bahnhof Griebnitzsee (S7) oder in umgekehrter Richtung vom S-Bahnhof Wannsee (S1/S7), einem interessanten expressionistischen Bau von 1928, zu einem an Eindrücken reichen Ausflug starten.

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Quelle:
DER RABE RALF - 23. Jahrgang, Nr. 170 - Oktober/November 2012, S. 10
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen, S. 12
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47, Fax: 030/44 33 91-33
E-mail: raberalf@grueneliga.de
Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: jährlich, 20 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2012