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TOURTIP/905: Das Mündungsgebiet der Isar in Bayern (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 10/2008

Mündungsgebiet der Isar in Bayern
Vögel in einer der größten Auenlandschaften Mitteleuropas

Von Thomas Brandt, Cordula Jülch und Kilian Wasmer


In der Nähe der bayerischen Kleinstadt Deggendorf, am Rande des Bayerischen Waldes, mündet die Isar in die Donau. Im Mündungsbereich entstand eine weitläufige Auenlandschaft. Diese wird von den zwei sehr unterschiedlichen Flusslandschaften geprägt, und zwar durch die träge fließende Donau als typischer Tieflandfluss und durch den Gebirgsfluss Isar, der durch sein starkes Gefälle eine hohe Geschiebefracht, vornehmlich Kies, aus den Alpen in die Ebene transportiert. Heute ist die Isarmündung die einzige Mündung eines Alpenflusses in die Donau, die weitgehend unverbaut ist.

Die Entwicklung des Gebietes wurde als Naturschutzgroßvorhaben "Mündungsgebiet der Isar" vom Bund, dem Bayerischen Naturschutzfond und dem Landkreis Deggendorf als Projektträger gefördert. Das Projektgebiet umfasst 2800 Hektar und liegt im 3436 Hektar großen Landschaftsschutzgebiet Untere Isar, dass bereits 1973 ausgewiesen wurde. 2077 Hektar des Gebiets wurden aufgrund des hohen Wertes für den Vogelschutz der EU als Vogelschutzgebiet (SPA) gemeldet. Davon befanden sich im Jahr 2003 mehr als 1000 Hektar in öffentlicher Hand. Das Projekt hat zwei wesentliche Ziele: Zum einen soll die naturnahe durch die Regeneration von naturnahen Auwäldern und -gebüschen, Röhrichten, Kiesbänken und anderen typischen Auenstrukturen Aue erhalten bzw. wiederhergestellt werden. Zum anderen soll - außerhalb der Deiche - die vom Menschen geschaffene Kulturlandschaft erhalten werden, die Streuwiesen und Brennen mit einer hohen Artenvielfalt beinhaltet.


Lebensräume

Dank der relativ weit von der Isar entfernten Deiche konnte ein breiter Auwaldgürtel erhalten bleiben. Innerhalb der Deiche wachsen auf den häufig überfluteten Standorten, vor allem aber an Altwassern und in Geländesenken, Weiden. Sie gehören zur Weichholzaue. Auf den seltener überfluteten Standorten entwickelten sich Hartholzauwälder; hier dominieren Eschen und Stieleichen den Baumbestand. Ulmen, Bergahorne und Winterlinden sind weitere charakteristische Gehölze.

Außerhalb des Auwaldes liegen in der Kulturlandschaft Streuwiesen. Sie werden meist einmal im Jahr gemäht und sind Standorte einer heute stark gefährdeten Vegetation mit Sibirischer Schwertlilie und Lungenenzian.

Entlang der Isar wachsen auf flachgründigen, sandig-kiesigen Standorten, den sogenannten Brennen, orchideenreiche Magerrasen.


Besondere Vogelarten

Typisch für das Gebiet sind Auenvögel wie Pirole, Beutelmeisen und Blaukehlchen. Von letzteren brüten rund 300 Paare vor allem in Bereichen mit Weidengebüschen und Röhrichten, in denen auch Teichrohrsänger und Wasserrallen leben. In den Baumbeständen brüten Schwarz-, Grau- (sehr selten), Grün- und Kleinspechte. An der Isar selbst kann man regelmäßig Eisvögel und mit etwas Glück auch ganzjährig Gänsesäger beobachten. In Staudenfluren und Gebüschen singen zahlreiche Sumpfrohrsänger und Schlagschwirle. Von der zuletzt genannten Art zählten Ornithologen Anfang der 1990er Jahre etwa 40 Reviere. Zu den Besonderheiten der Gehölzbestände und Auwaldbereiche gehören Halsbandschnäpper (z. B. bei Altholz und Scheuer). Dort brüten auch Rot- und Schwarzmilane, Baumfalken, Habichte und - selten - Wespenbussarde. Die schneeweißen Seiden- und Silberreiher suchen das Gebiet vor allem während des Herbstzuges auf. Der Graureiher ist dagegen Brutvogel. Fast ausgestorben sind Drosselrohrsänger, Schilfrohrsänger und Knäkente. Sie brüten nur noch vereinzelt oder sporadisch im Gebiet. Mit 30 bis 35 Paaren ist die Schnatterente dagegen eine recht häufige Brutvogelart.

Im Winter kann man auf der Isar und auf der Donau zahlreiche Wasservögel sehen.

Wenn auch kein Vogel, so ist es immer wieder ein Highlight, die seit den 1970er Jahren im Gebiet vorkommenden (aber weitgehend nachtaktiven) Biber zu beobachten.


Reisezeit

Ein Besuch des Gebietes lohnt sich vor allem im Frühling und Frühsommer, wenn die Brutvögel anwesend sind. Blaukehlchen erreichen die Auen bereits Ende März. Mitte April sind die meisten Reviere besetzt. Dann sind auch die Beutelmeisen zurück. Pirole und Halsbandschnäpper kommen in der ersten Maihälfte, in der zweiten Maihälfte die Schlagschwirle. Die Spechte kann man am einfachsten im März und April finden, da sie zur Balzzeit sehr auffällig sind. Danach wird es schwierig, sie in den dichten Wäldern zu entdecken.


Beobachtungsmöglichkeiten

Zur Besucherinformation hat der Landkreis Deggendorf ein Infozentrum mit der Dauerausstellung "Kraft im Fluss" und Außenanlagen (8 Hektar!) eingerichtet. Hier werden neben einem umfangreichen Jahresprogramm für Gruppen ab zehn Personen auch Rundgänge durch die Ausstellung, durch die Außenanlage oder auch durch typische Lebensräume der Isarmündung angeboten (geringer Teilnehmerbeitrag). Zur Einführung lohnt es sich, dort einen zwanzigminütigen Film über das Gebiet anzusehen. Kartenmaterial und Broschüren können hier kostenlos oder preisgünstig erworben werden. Die Außenanlagen sind an allen Tagen frei zugänglich.

Die Umweltstation Isarmündung des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern (LBV), die im selben Gebäude untergebracht ist, bietet Programme (Wassererkundungen und Wasserrallyes) für Gruppen und Schulklassen an.

Im Gebiet gibt es eine Reihe gut ausgebauter Wanderwege. Von Altholz aus führt beispielsweise ein Wanderweg an einer Abgrabung vorbei (Blaukehlchen in den Gebüschen, Beutelmeisen) durch die Wiesen über den Deich in den Auwald mit Hartholz- und Weichholzaue sowie Altwassern und schließlich an die Isarmündung (Pirol, Eisvogel). Rechtsseitig der Isar beginnt ein Rundweg am Informationszentrum und ein weiterer bei Isarmünd. Von diesem aus führt ein Stichweg an die Isarmündung.


Weitere Beobachtungs- und Freizeitmöglichkeiten

Nordwestlich von Straubing liegt am Südrand der Donauniederung im Mündungsgebiet der Großen Laaber ein ca. 300 Hektar großes Waldgebiet, der Rainer Wald. Der Wald ist das bedeutendste Naturwaldareal des Donautals im Landkreis Straubing-Bogen und soll im Sinne des Naturschutzes weiterentwickelt werden. Projektträger und Eigentümer großer Flächenanteile ist der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV).

Ebenfalls nordwestlich von Straubing befindet sich an der Donau bei Flusskilometer 2343 ein interessantes Gebiet bei Aholfing. Aholfing ist über die B 8 und Puchhof zu erreichen. Nördlich von Aholfing kann man parken und am Damm entlang weiter nordwärts bis zu einem Beobachtungstand wandern, der einen guten Überblick über das Gewässer gibt (nachmittags Rückenlicht).

Der Nationalpark Bayerischer Wald (siehe Beobachtungstipp in Der FALKE, H. 2/07) liegt nur rund 40 km nördlich des hier beschriebenen Gebietes.


Infomaterial/Literatur:

Bezzel, E., I. Geiersberg, G. v. Lossow & R. Pfeifer (2005): Brutvögel in Bayern. Verbreitung 1996 - 1999. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.

Moning. C. & C. Wagner (2005): Vögel beobachten in Süddeutschland. Kosmos Verlag, Stuttgart.

Landratsamt Deggendorf (Hrsg.): Mündungsgebiet der Isar - Auenlandschaft von europaweiter Bedeutung. Informatives Faltblatt. Bezug über das Landratsamt Deggendorf (siehe Adressen).

Lebensraum Isarmündung, Karte mit den Naturerlebniswegen und Radwegen im Isarmündungsgebiet. Bezug über das Landratsamt Deggendorf (siehe Adressen) oder Infohaus Isarmündung (siehe Adressen).


Anfahrt

Mit Bahn und Bus:
Der nächste Bahnhof ist in Plattling. Ansonsten ist das Gebiet mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zu erschließen.

Mit dem Auto:
Das Gebiet erreicht man von Norden über die A 3, am Kreuz Deggendorf wechselt man auf die A 92 Richtung München und fährt in Plattling ab (Abfahrten 23 oder 22). Über die B 8 fährt man etwa 6 km in südöstliche Richtung und weiter über Moos nach Sammern, wo sich das Auenzentrum als hervorragender Ausgangspunkt für Exkursionen befindet. Das Zentrum ist gut ausgeschildert. Um die Wanderwege nördlich der Isar zu erreichen, muss man die Isarbrücke in Plattling benutzen. Hier fährt man am besten den Parkplatz bei Altholz an (A 92, Abfahrt 23). Dann gelangt man über den kleinen Ort Rohr und über die Autobahnbrücke oder über Schiltorn nach Altholz.

Mit dem Fahrrad:
Das Gebiet kann man mit dem Rad gut erschließen. Auf fünf ausgeschilderten Radwegen lässt sich der Landschaftsraum genießen.


Adressen

Informationen über:
Landratsamt Deggendorf, Herrenstraße 18, 94469 Deggendorf
Tel.: 0991/3100-287, E-Mail: umweltschutz@lra-deg.bayern.de,
Internet: www.landkreis-deggendorf.de

Infohaus Isarmündung, Maxmühle 3, 94554 Moos
Tel.: 09938/919098
Öffnungszeiten: 1. April bis 31. Oktober; 10.00-17.00 Uhr (Mi-So)
E-Mail und Internet wie Landratsamt Deggendorf

Unterkünfte gibt es beispielsweise in Moos (Gästehaus und Hotel) und in Plattling.


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 10/2008
55. Jahrgang, Oktober 2008, S. 368-371
mit freundlicher Genehmigung des AULA-Verlags
AULA-Verlag GmbH, Industriepark 3, 56291 Wiebelsheim
Tel.: 06766/903 141; Fax: 06766/903 320
E-Mail: falke@aula-verlag.de

Erscheinungsweise: monatlich
Einzelhelftpreis: 4,60 Euro
Das Jahresabonnement für 12 Hefte ist im In-
und Ausland für 47,- Euro zzgl. Porto erhältlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Oktober 2008