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TOURTIP/944: Der Dobratsch in Kärnten - überregional bedeutendes Brut- und Rastgebiet (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 9/2009

Der Dobratsch in Kärnten: Ein überregional bedeutendes Brut- und Rastgebiet

Von Siegfried Wagner und Raimund Kurt Buschenreiter


Im Zentrum Kärntens gelegen ragt ein imposantes Bergmassiv, die Villacher Alpe - auch Dobratsch genannt, über den Talboden. Der hauptsächlich aus Kalken, Dolomiten und mergeligen Gesteinen der Triaszeit aufgebaute Bergstock mit einer Vielzahl von Höhlen, Schächten und Dolinen stellt die östlichste Erhebung der Gailtaler Alpen dar und erreicht eine Höhe von 2166 Meter. Geographisch ist der Dobratsch durch das Gailtal im Süden und Westen, das Bleiberger Hochtal im Norden sowie das Villacher Becken im Osten begrenzt. Die Südseite des Berges ist weitgehend durch markante, senkrechte Felswände gekennzeichnet, die großteils durch den Bergsturz in Folge eines starken Erdbebens im Jahr 1348 entstanden sind. Die anschließenden Geröllhalden werden "Schütt" genannt und setzen sich stellenweise auch südlich des Gailflusses im sogenannten "Steinernen Meer" fort.

Die Villacher Alpe wurde bereits Ende der 1960er Jahre durch eine Straße erschlossen, die vom Westen der Stadt Villach ausgehend bis zum Endparklatz "Rosstratte" auf 1732 m Höhe führt.


"Vögel entlang der Villacher Alpenstraße

Die 16 km lange Mautstraße verfügt an mehreren Stellen über Parkplätze, die eine herrliche Aussicht auf die Julischen Alpen und das Untere Gailtal bieten. Auf diesen Parkplätzen befinden sich Schautafeln, die den Besucher über die ornithologischen und botanischen Kleinode dieses Gebietes informieren.

"Die Storfhöhe" - Parkplatz 3 (Punkt 1 auf der Karte)

Nordöstlich der sogenannten Storfhöhe (900-1000 m) sind auf Schlagflächen des Buchen-Fichten-Kiefernwaldes in den letzten Jahren bis zu sieben Ziegenmelkerreviere auf einer Fläche von ca. 50 ha festgestellt worden. Habicht, Wespenbussard, Grau- und Schwarzspecht brüten hier. In den nach Süden ausgerichteten Felswänden können Uhus und Felsenschwalben, unregelmäßig auch Mauerläufer oder Wanderfalken beobachtet werden. Hier liegt auch die tiefstgelegene Verbreitung des Auerhuhns. Mit etwas Glück sind hier Haselhuhn und Dreizehenspecht zu sehen.

"Geklobene Wand" - Parkplatz 4 (Punkt 2)

Dieser Parkplatz liegt unmittelbar an der "Geklobenen Wand", wo in den vergangenen Jahren mehrfach Steinrötel gesehen wurden. Im unmittelbaren Bereich des Parkplatzes gelang auch im Jahr 2008 der Erstnachweis des Grünlaubsängers für Kärnten. Zwischen den Parkplätzen 3 und 4 liegen mehrere Schwarzspechtreviere, hier wurden auch Raufußkäuze mehrmals festgestellt.

"Alpengarten und Rote Wand" - Parkplatz 6 (Punkt 5)

Neben dem Parkplatz nach Süden hin gelegen, zieht sich entlang des Felsabbruches der "Villacher Alpengarten", in dem sämtliche Alpenblumen in schön angelegten Terrassen zu bewundern sind. 100 m westlich des Parkplatzes befindet sich als Aussichtspunkt eine mehrere Meter über den senkrechten Abgrund hinausragende Plattform. In der Wand unterhalb der Plattform brüten etwa fünf Paare des Alpenseglers, weiterhin können Felsenschwalbe, Kolkrabe sowie Alpendohle und zur Zugzeit viele Greifvogelarten, die entlang der Bergkante ziehen, beobachtet werden. Im Fichtenwald nördlich des Parkplatzes, liegen ein Sperlingskauz- und ein Dreizehenspechtrevier.

"Die Rosstratte" (Punkt 6)

An dem knapp unter der Baumgrenze gelegenen Endparkplatz Rosstratte, leben eine ganze Reihe von Vogelarten. Bergpieper, Ringdrossel, Birkenzeisig und Fichtenkreuzschnabel sind die häufigsten Arten. Hier rund um die Rosstratte liegen auch die einzigen regelmäßig besetzten Brutplätze des Zitronenzeisigs in Kärnten. Vor zwei Jahren konnte erstmals nach 50 Jahren wieder eine Steinhuhnfamilie nachgewiesen werden. Auf der Rosstratte besteht die Möglichkeit, Einkehr im "Rosstratten-Stüberl" zu halten und sich von einer gutbürgerlichen Küche verwöhnen zu lassen. Vom Parkplatz aus gibt es zwei verschiedene Routen zum Dobratsch-Gipfel (Punkt 7). Eine ist der nicht öffentliche Fahrweg, der nur zu Fuß benutzt werden kann, die Wegzeit beträgt ca. 21/4 Stunden. Über diesen Weg erreicht man die Sendeanlage des Österreichischen Rundfunks, die knapp unter dem Gipfel liegt. Am Dobratsch-Gipfel selbst stehen die zwei höchstgelegenen Kirchen der Ostalpen - die Wallfahrtskirche "Am Stein" oder "Deutsche Kapelle" und die Schlosskirche, auch "Windische Kapelle" genannt. Nur wenige Meter unterhalb der Kirchen befindet sich das "Ludwig-Walter-Haus", das den Wanderer zur Einkehr einlädt. Entlang dieses Weges kommen Bergpieper, Steinschmätzer, Ringdrossel und Alpenbraunellen vor. Manchmal kann man auch ein Birkhuhn beobachten. Alpensegler, aber auch Mauersegler, die aus dem Tal zum Jagen kommen, sind zu sehen. An Greifvögeln sind regelmäßig Turmfalken, Mäusebussarde und Steinadler zu beobachten. Unter dem schroffen Felsgipfel brütet eine kleine Kolonie Alpensegler. Die zweite, schwierigere Variante, vom Parkplatz Rosstratten aus den Dobratsch-Gipfel zu erreichen, wäre der Anstieg über den sogenannten "Jägersteig", der entlang der Dobratsch Südseite auf den Gipfel führt. Diesen Steig erreicht man, indem man vom Parkplatz aus über eine Almwiese ungefähr 500m in südwestliche Richtung geht. Am Ende der Almwiese fällt der Berg steil nach Südwesten ab und gibt einen herrlichen Ausblick in Richtung des Gailtales frei. Dieser Punkt ist auch ein idealer Ort um Ende August und Anfang September ziehende Greifvögel zu beobachten. Von hier aus führt der "Jägersteig", der gutes Schuhwerk und Trittsicherheit erfordert, in nordwestliche Richtung hinauf zum Gipfel. In den Latschen und Lärchen sind Heckenbraunellen und Zilpzalpe auffällige Vogelarten. Die Alpendohlen, die im Gipfelbereich mit etwa 20 Paaren brüten, begleiten den Wanderer und mit etwas Glück können Alpensegler, Steinadler und Mauerläufer gesehen werden. Auch das Birkhuhn kommt in diesem Gebiet vor.


Typische Vogelarten am Dobratsch, deren Status und günstige Beobachtungszeit (in Klammern)

h = häufiger, r = regelmäßiger, s = seltener, J = Jahresvogel, B = Brutvogel, W = Wintergast, D = Durchzügler, N = Nahrungsgast.

Art
Status
Alpendohle
Alpensegler
Bergpieper
Birkenzeisig
Birkhuhn
Dreizehenspecht
Felsenschwalbe
Fichtenkreuzschnabel
Grauspecht
Ringdrossel
Schwarzspecht
Sperlingskauz
Steinadler
Steinschmätzer
Uhu
Wespenbussard
Ziegenmelker
Zippammer
Zitronenzeisig
J (ganzjährig)
sB (Mai-Aug.)
rB (April-Sept.)
J (ganzjährig)
J (Mai)
J (März-April)
rB (April-Sept.)
J (ganzjährig)
J (März-April)
hB (April-Sept.)
J (ganzjährig)
J (März-April, Sept.-Okt.)
J (ganzjährig)
sB (April-Sept.)
J (Febr.-April)
sB, hD (Ende August)
rB (Mai-Juli)
rB (März-Nov.)
sB (April-Sept.)

"In der Schütt"

Die Südseite des Dobratsch, "Die Schütt", ist das größte Bergsturzgebiet der Ostalpen. Die unterschiedlichen Lebensräume und Lebensgemeinschaften dieses Gebietes sind sowohl zoologisch, botanisch wie auch ornithologisch hoch interessant. Aus diesem Grunde wurden zentrale Bereiche der Schütt bereits im Jahr 1942 unter Naturschutz gestellt. Die Geröllfelder der Schütt stellen z. B. das letzte große zusammenhängende Verbreitungsgebiet der Sand- oder Hornviper in Österreich dar. Der bereits mediterrane Klimaeinfluss lässt Baumarten wie Schwarzkiefer, Blumen-Esche, Hopfenbuche, Mehlbeere oder Goldregen gedeihen. Wegen seiner Bedeutung für die Vogelwelt wurde dieses Gebiet im Jahr 1995 zur "Important Bird Area" erklärt. Die Charakterart der hier verbreiteten Vogelwelt ist der Ziegenmelker. Im Bereich der Schütt konnten 30-40 rufende Männchen festgestellt werden - das ist das größte inneralpine Vorkommen Österreichs. Auch die Zippammer hat hier ihr Verbreitungszentrum in Kärnten. In den eingestreuten Buchenmischwäldern wurde im Jahr 1996 erstmals der Zwergschnäpper als Brutvogel für Kärnten nachgewiesen. Weitere interessante Brutvogelarten sind Wanderfalke, Uhu (zwei bis drei Brutpaare) sowie Steinadler, die regelmäßig im steilen Felsabbruch unter dem Dobratsch-Gipfel brüten. Das Gebiet erreicht man von Villach/Warmbad aus über Federaun und die Schütter Landesstraße. Ca. 300 m vor der Ortschaft Unterschütt, beim Übergang zwischen einem Waldstück zu den Feldern der Ortschaft, beginnt in Richtung Bergsturz ein Wanderweg. Dieser Weg führt über die sogenannte "Weinitzen" (Punkt 3), eine extensiv genutzte Magerwiese, welche wegen ihres Orchideenreichtums sehr bekannt ist, bis zur Ortschaft Oberschütt. Die Wegzeit beträgt ca. 1,5 Stunden. Der zuerst durch ein von Fichten und Kiefern dominiertes Waldstück führende Weg steigt allmählich an und erreicht den Kiefer-Block-Schuttwald. An warmen Mai- und Juniabenden kann man hier schon ab der Abenddämmerung das Schnurren und Flügelklatschen der Ziegenmelker hören. Nördlich der Ortschaft Oberschütt existieren noch Buchen-Fichten-Urwaldreste mit Höhlenzentren von Schwarz- und Grauspechten. Hohltauben brüten hier mit wenigen Paaren. Wegemäßig wurde dieses Gebiet bisher noch nicht erschlossen. Von Oberschütt aus führt ein Waldweg in westliche Richtung. Nach ca. 2km zweigt von diesem Weg eine Forststraße ab, auf der man durch den "Schütter Wald" den Fuß der "Kranzwand" (Punkt 4) erreicht. Entlang dieser Forststraße liegen mehrere Zippammer-Reviere. In der Kranzwand selbst brüten Kolkraben, Felsenschwalben und es besteht Brutverdacht für Steinrötel. Mit etwas Glück kann man auch Wanderfalken bei Jagdflügen beobachten.


Siegfried Wagner ist seit der Kindheit vogelkundlich interessiert. Gründungs- und Landesvorstandsmitglied von BirdLife Österreich, Landesgruppe Kärnten. Mitautor der Avifauna Kärntens.

Raimund Kurt Buschenreiter interessiert sich seit frühester Kindheit für Vögel. Gründungs- und Landesvorstandsmitglied von BirdLife Österreich, Landesgruppe Kärnten. Mitautor der Avifauna Kärntens.


Infomaterial/Literatur:
Dvorak, M. & E. Karner (1995): Important Bird Areas in Österreich. Umweltbundesamt, Monografien 44, Wien.

Feldner, J., P. Rass, W. Petutschnig, S. Wagner, G. Malle, R. K. Buschenreiter, P. Wiedner & R. Probst (2006): Avifauna Kärntens - Bd. 1: Die Brutvögel. Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten, Klagenfurt.

Feldner, J., W. Petutschnig, R. Probst, S. Wagner, G. Malle & R. K. Buschenreiter (2008): Avifauna Kärntens - Bd. 2: Die Gastvögel. Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten, Klagenfurt.

Jungmeier, M. & M. Schneidergruber (1998): Bergsturz Landschaft Schütt. Amt der Kärntner Landesregierung. Klagenfurt.


Anfahrt

Mit Bahn und Bus:
Villach ist ein wichtiger Bahnknotenpunkt und aus den Richtungen Salzburg (Deutschland), Wien (über Klagenfurt), Italien und Slowenien erreichbar. In den Sommermonaten wird ein Shuttlebus eingerichtet, der am Mittwoch und Samstag vom Bahnhof auf den Dobratsch fährt.

Mit dem Auto:
Villach kann als Ausgangspunkt für eine Dobratsch-Exkursion von Deutschland über die Tauernautobahn (A 10) erreicht werden. Von der B 86 im Westen von Villach kann der Dobratsch über die mautpflichtige Bergstraße bis zum Endparkplatz auf 1732m befahren werden. Die Wege im Süden sind vom Parkplatz in Warmbad Villach bzw. in Oberschütt zu erreichen. Auch von Heiligengeist, Villach in Richtung Bleiberg, kann der Dobratsch von Norden her erwandert werden.

Mit dem Fahrrad:
Durch die streckenweise sehr steilen Abschnitte bleibt die Villacher Alpenstraße wohl nur sehr sportlichen Ornithologen vorbehalten. Die Südseite des Berges kann entlang des Gail (Fluss)-Radweges bis zur Ortschaft Oberschütt befahren werden. Die Verbindung zwischen Oberschütt und Nötsch ist offiziell für Radfahrer gesperrt (Weidegebiet).


Adressen

Naturpark Dobratsch, 9530 Bad Bleiberg 49, Österreich, Tel.: +43(0)4244/27066, www.naturparkdobratsch.info

Villacher Alpenstraßen Fremdenverkehrsgesellschaft mbH., Tel.: +43(0)662/873673-0, Fax: -13, info@villach-alpenstrasse.at,
www.villacher-alpenstrasse.at

Fremdenverkehrsamt: Villach-Warmbad / Faaker See / Ossiacher See Tourismus GmbH, Töbringer Straße 1, 9523 Villach-Landskron, Österreich, Tel.: +43(0)4242/42000-0, Fax: -42, office@vi-fa-os.at, www.da-lacht-das-herz.at

Verein "Alpengarten Villacher Alpe", Gerbergasse 32/6, 9500 Villach, Tel.: +43(0)664/9142953, Fax: +43(0)4242/59138


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Die Vogelschutzgebiete Dobratsch und Schütt/Graschelitzen mit Blick in das Gailtal.
- Der Sperlingskauz ist nach dem Waldkauz die häufigste Eule auf dem Dobratsch.
- Der Dreizehenspecht (im Bild ein Weibchen), ist am Dobratsch regelmäßig zu beobachten.
- Vom Steinrötel gab es auch 2009 wieder einen Brutnachweis.
- Der Steinadler ist ein regelmäßiger Brutvogel in den Südwänden des Dobratsch.
- Unter den Felswänden existieren noch kleine Buchenmischwälder.


Im Text beschriebene Beobachtungspunkte
1: "Die Storfhöhe" (Parkplatz)
2: "Geklobene Wand" (Parkplatz)
3: "Weinitzen"
4: "Kranzwand"
5: "Alpengarten und Rote Wand" (Parkplatz)
6: "Rosstratte"
7: Dobratsch-Gipfel


*


Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 9/2009
56. Jahrgang, September 2009, S. 324 - 331
mit freundlicher Genehmigung des AULA-Verlags
AULA-Verlag GmbH, Industriepark 3, 56291 Wiebelsheim
Tel.: 06766/903 141; Fax: 06766/903 320
E-Mail: falke@aula-verlag.de
Internet: www.falke-journal.de

Erscheinungsweise: monatlich
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. November 2009