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TOURTIP/959: Die Wahner Heide in Nordrhein-Westfalen (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 6/2010

Die Wahner Heide in Nordrhein-Westfalen
Artenreiche Heidelandschaft vor den Toren Kölns

Von Christopher König, Christoph Moning, Christian Wagner und Felix Weiß


Die Wahner Heide liegt im Ballungsraum Köln zwischen den Städten Köln, Rösrath, Lohmar und Troisdorf. Das gesamte Gebiet umfasst 5200 Hektar, wovon etwa 1000 Hektar auf das Gelände des Flughafens Köln/Bonn entfallen. Aufgrund des sehr kleinräumigen Wechsels verschiedener Lebensräume beeindruckt die Wahner Heide mit einer außergewöhnlich hohen Artenvielfalt und gilt als eines der artenreichsten Heide-, Moor- und Waldgebiete Mitteleuropas. Rund 700 Tier- und Pflanzenarten der Roten Listen finden hier ihren Lebensraum. 3000 Hektar der Wahner Heide sind als Europäisches Vogelschutzgebiet ausgewiesen sowie im Rahmen der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie in das europaweite Schutzgebietsnetz integriert. Insbesondere im Frühjahr und Sommer lohnt sich ein Besuch. Zu dieser Zeit bilden verschiedene Orchideen und Nelken beeindruckende Blütenteppiche. Aus ornithologischer Sicht lassen sich dann hier auch alle interessanten Brutvogelarten antreffen. Darunter Mittelspechte, Heidelerchen und Schwarzkehlchen. Das Gebiet kann im Rahmen einer Tagesexkursion erkundet werden.



Landschaftsgeschichte und Lebensräume

Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in der Wahner Heide traditionelle Heidewirtschaft betrieben. Durch die Beweidung mit Schafen, Ziegen, Rindern und Schweinen wurde der Baumwuchs durch starken Verbiss gehemmt und dem Boden wurden Nährstoffe entzogen, sodass es zu einer Verarmung der Böden kam. Diesen extremen Wuchsbedingungen konnten nur besonders widerstandsfähige Pflanzenarten wie die Besenheide standhalten. Im Zuge der allgemeinen Intensivierung der Landwirtschaft waren die Grenzertragsböden nicht mehr gewinnbringend zu bewirtschaften und fielen brach. Schutzmaßnahmen zur Offenhaltung der Heiden unterblieben - und da nur durch ständige Nutzung die offenen Heideflächen bestehen blieben, bildete sich auf weiten Teilen der Heide ein Birken-Pionierwald, der schließlich von Buchen und Eichen abgelöst wurde. Heute werden einige Flächen des Naturschutzgebiets zum Erhalt der verbliebenen Heidereste gezielt beweidet. Das beliebte Naherholungsgebiet war bis 2004 militärischer Sperrbezirk. Danach wurde ein Besucherlenkungssystem entwickelt und so kann die Heide inzwischen auf 130Wanderwegen sowie 30Reitwegen erkundet werden. Eine Vielzahl unterschiedlichster Lebensraumtypen von sehr trockenen Binnendünen und Sandmagerterrassen bis hin zu sehr feuchten Heidemooren, Auwäldern und Feuchtwiesen sind nun auf dem vielfältigen Areal erlebbar.



Besondere Vogelarten und Reisezeit

Im Jahr 2005 konnte die 1987 ins Leben gerufene Ornithologische Kartierergemeinschaft Wahner Heide 101 Brutvogelarten im Gebiet nachweisen. Hinzu kommt eine beachtliche Zahl von Durchzüglern und Wintergästen. Andernorts seltene Schwarzkehlchen sind als typische Offenlandbewohner eine der Charakterarten des Gebiets. In der Wahner Heide befindet sich eines der größten und stabilsten Vorkommen der Art in ganz Nordrhein-Westfalen. Die Vögel bauen ihre Nester in gehölzarmen Heideflächen am Boden oder in kleinen Büschen und nutzen exponierte Sträucher als Singwarte. Einen ähnlichen Lebensraum bewohnen Heidelerchen. Die Bestände dieser Art, die in ganz Europa seit den 1960er Jahren starke Bestandseinbrüche erleidet und als Wappenvogel des "Informationszentrums Wahner Heide" gewählt wurde, gelten im Gebiet als gesichert. Neben dem Heidelerchen-Bestand führten auch die bedeutenden Mittelspechtvorkommen, in den alten Eichenwäldern, im Jahr 1990 zur Ausweisung zum "Important Bird Area". Neben den Mittelspechten brüten Wende­hälse, Grau-, Grün- und Schwarzspechte sowie Bunt- und Kleinspechte in der Wahner Heide. Eine große Besonderheit stellt das Brutvorkommen des Orpheusspötters dar. Nachdem die Art 2001 erstmals als Brutvogel nachgewiesen wurde, scheint sich die hauptsächlich in Südwesteuropa verbreitete Vogelart in der Wahner Heide zu etablieren. Die Besiedlung folgt einer schon seit Jahrzehnten festgestellten Ausbreitung nach Nordosten. Weitere interessante Brutvögel in der Wahner Heide sind Wespenbussarde, Ziegenmelker, Neuntöter, Feldschwirle, Trauerschnäpper, Gartenrotschwänze, Wiesen- und Baumpieper.

Unter den Greifvogelarten sind die vorwiegend Insekten jagenden Baumfalken mit zwei bis vier Brutpaaren zu finden. In den Sommermonaten kann man den Vögeln mit etwas Glück bei der akrobatischen Jagd nach Libellen zuschauen. Bemerkenswert ist das unregelmäßige Auftreten von Schlangenadlern. In den vergangenen Jahren wurden in den Sommermonaten wiederholt Einzelvögel beobachtet, die sich teilweise mehrere Wochen im Gebiet aufhielten. Die nächsten Brutvorkommen dieser Adler befinden sich in Frankreich. Auch im Winter lohnt sich ein Besuch in der Wahner Heide. Zu dieser Zeit kann man in den größeren Offenlandbereichen mit etwas Glück Kornweihen und Raubwürger beobachten.

Aus herpetologischer Sicht kann die Wahner Heide mit Vorkommen von Laubfröschen, Kreuzkröten und einer kleinen Gelbbauchunken-Population beeindrucken. Außerdem kommen die ungiftigen Schlingnattern und Zauneidechsen vor. Botaniker werden neben vielen Besonderheiten durch neun verschiedene Orchideenarten in die Wahner Heide gelockt.



Beobachtungsmöglichkeiten

Vom Parkplatz "Paradeplatz" geht man auf der Panzerstraße noch ein Stück nach links (Westen) und biegt kurz vor der Kreuzung rechts in einen Waldweg ab. Man folgt dann dem ersten Weg nach links und gelangt so in einen großen Eichenwald, die Hardt. Dieses Gebiet lässt sich von da an unter anderem auf den in der Karte orange markierten Wegen erkunden. Dabei lassen sich neben den hier häufigen Mittelspechten auch Schwarzspechte, Hohltauben und Trauerschnäpper beobachten.

Eine weitere lohnende Stelle erreicht man, indem man der "Alten Kölner Straße" rund 1,7 m nach Osten folgt, bis man auf der linken Seite einen weiteren Parkplatz erreicht, von dem aus man dem "Rösrather Weg" in den Geisterbusch folgt. Der Geisterbusch ist die größte freie Heidefläche der Wahner Heide. Kuckucke, Neuntöter, Schwarzkehlchen und Baumpieper sind hier häufig. Der Geisterbusch ist auch die beste Stelle, um den rasanten Gesang der Orpheusspötter zu hören. Die Männchen tragen ihn meist exponiert von Büschen aus vor. Die größte Gesangsintensität ist vor allem frühmorgens und spätnachmittags. Ein offener Hang am Busenberg lädt zur Greifvogelbeobachtung ein. Von dieser Stelle wurden auch mehrfach Schlangenadler beobachtet.

Das "Informationszentrum Wahner Heide" befindet sich an der "Flughafenstraße" in Altenrath. Neben einer Ausstellung und einem 1000 ² großen Schaugarten wird hier ein reichhaltiges Angebot an Exkursionen, Radwanderungen und weiteren Veranstaltungen geboten. Etwa 200 westlich des Zentrums liegt rechter Hand ein Parkplatz, von dem aus man der Straße weiter folgend, in den Bereich der Altenrather Tongrube wandern kann. Hier kann man insbesondere im Bereich einer gehölzfreien Düne Heidelerchen antreffen. Die nächsten Bushaltestellen "Jägerhof" und "Altenrath-Mitte" werden von Troisdorf angefahren.

Folgt man vom Kreisverkehr südlich von Altenrath der "Altenrather Straße" nach Süden in Richtung Troisdorf, gelangt man nach 3an eine Heidefläche, an der sich links und rechts der Straße je ein Parkplatz befindet. Folgt man in diesem Bereich den in der Karte orange eingezeichneten Wegen, kann man Vögel wie Neuntöter, Heidelerchen, Schwarzkehlchen und Baumpieper beobachten.



Weitere Beobachtungs- und Freizeitmöglichkeiten

Eine Besonderheit unter den Brutvögeln Deutschlands sind die in Köln mittlerweile etablierten Papageien. Die hellgrünen Halsbandsittiche in vielen Teilen Kölns entdecken. Weniger zahlreich sind Alexandersittiche, die sich am besten im Bereich des Botanischen Gartens und des Zoos beobachten lassen. Der größte Papageienschlafplatz mit bis zu 2000 Vögeln befindet sich direkt nordöstlich des Zoos in den frei zugänglichen Riehler Heimstätten. Die Papageien schlafen hier in der Regel ganzjährig in einer Kastanienallee im park­artigen Innenhof oder in Ahornbäumen südöstlich davon. Im Sommer sammeln sich die Vögel hier etwa 30 Minuten vor Sonnenuntergang. Im Winter wird der Schlafplatz meist erst rund 15 Minuten nach Sonnenuntergang aufgesucht. Die nächste U-Bahn-Haltestelle, direkt östlich der Heimstätten, heißt "Slabystraße".

Am Rhein zwischen Bonn und Bad Honnef befindet sich nördlich der Ortschaft Rhöndorf der eindrucksvolle Drachenfels. Dieser Felsen ist Lebensraum der wenig scheuen, aber unauffälligen Zippammer. Direkt nordöstlich der Ausfahrt Rhöndorf der B 2 liegt das Restaurant "Weingut Pieper/Weinhaus Domstein". Von dort erschließen für den Privatverkehr gesperrte Wirtschaftswege die Weinberge unterhalb der Felsen. Ein traditionelles Zippammerrevier befindet sich unmittelbar links der Wirtschaft im Bereich des Flaschenlagers. Weitere vom Weg einsehbare Reviere folgen an einer Stelle, an der der Weg oberhalb des Weingutes in einem Durchstich durch den Felsen verläuft. Auch im Bereich des Weinbergtürmchens gut 300 m rechts/südlich des Weingutes kann man auf Zippammern treffen. Am Drachenfels lassen sich außerdem die in der Felswand brütenden Wanderfalken beobachten. Im Jahr 2007 wurde hier der erste Nachweis der Zaunammer in Nordrhein-Westfalen seit dem Aussterben der Brutpopulation in den 1950er Jahren erbracht. Seitdem konnten alljährlich zwischen April und Juli bis zu zwei singende Männchen am Drachenfels festgestellt werden. Der nur 500 m vom Weingut entfernte Bahnhof Rhöndorf ist von Bonn aus sehr gut erreichbar.


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Infomaterial/Literatur:

Moning C, Weiß F 2007: Vögel beobachten in Norddeutschland.
Kosmos, Stuttgart.

Sticht HM 2005: Natur- und Kulturführer Wahner Heide
- Die 9 Rundwanderwege. Gaasterland-Verlag, Düsseldorf.



Anfahrt

Mit Bahn und Bus:
Den Nordteil der Wahner Heide erreicht man am besten über den Bahnhof "Rösrath-Stümpen", den südlichen Teil über den Bahnhof "Troisdorf". Von dort liegen die Beobachtungsstellen jeweils nur wenige Kilometer entfernt.

Mit dem Auto:
Von der A 59 fährt man zwischen Köln und Troisdorf am Autobahnkreuz Flughafen in Richtung "Flughafen Köln/Bonn" und verlässt die "Kennedystraße" an der ersten Ausfahrt (Anschlussstelle "Grengel") auf den "Grengler Mauspfad". Diesem folgt man in Richtung "Bensberg" und biegt gleich darauf rechts Richtung "Troisdorf" in die "Alte Kölner Straße/Panzerstraße" ab. Nach 300 m erreicht man auf der rechten Seite den Parkplatz.

Adressen:
Informationszentrum Wahner Heide, Flughafenstraße 33, 53842 Troisdorf-Altenrath.
Öffnungszeiten: April-Okt., Sonn- und Feiertage, 10-17 Uhr.
Für Gruppen können gesonderte Termine vereinbart werden.
Informationen unter: Bündnis für die Wahner Heide e. V.,
Alte Feuerwache, Melchiorstraße 3, 50670 Köln,
Tel.: 0221-7392871, www.wahner-heide.com


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 6/2010
57. Jahrgang, Juni 2010, S. 229-232
mit freundlicher Genehmigung des AULA-Verlags
AULA-Verlag GmbH, Industriepark 3, 56291 Wiebelsheim
Tel.: 06766/903 141; Fax: 06766/903 320
E-Mail: falke@aula-verlag.de
Internet: www.falke-journal.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2010