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GLOSSE/003: NSA geht an die Börse (Werner Geismar)


Neues aus dem Schnüffel-Imperium

NSA GEHT AN DIE BÖRSE
Die Wallstreet fiebert diesem Börsengang wie keinem zuvor entgegen!

von Werner Geismar, Juli 2013



Mit der NSA bereitet der Konzern mit der nach Walmart zweithöchsten Arbeitnehmerschaft in den USA mit vielen breit gestreuten PR-Aktionen seinen lang erwarteten Börsengang vor. So wurde vor zwei Tagen die Kampagne: "Machen Sie Ihr Land sicherer - Lesen Sie die Post Ihres Nachbarn" in allen Bundesstaaten der USA gestartet. Im Rahmen dieser Aktion werden mehr als zwei Millionen Mini-Scanner verschenkt, mit deren Hilfe die Post im Briefkasten des Nachbarn vollständig auf dem kleinen Display des Briefscanners gelesen werden kann. Die auf jeden dieser Brief-Scanner installierte Algorithmus-Software klassifiziert die gelesene Post nach der National-Security-Scala von eins (Nationalstolzer Amerikaner) bis sechs (Potentielles Drohnenziel). Laut Lady Gaga (Name aus Sicherheitsgründen geändert), der Pressesprecherin der NSA, trifft diese PR-Aktion auf überwältigende Akzeptanz bei der Bevölkerung. Flankiert wird diese PR-Aktion durch Meinungsmacher-Maßnahmen. Mehr als zehntausend ausgewählten Medienvertretern wie Journalisten, TV-Moderatoren und Radioreportern wurden sogenannte elektronische Selbstzensur-Module kostenlos zur Verfügung gestellt. Bei der Verwendung von circa dreihundert sicherheitsrelevanten Begriffen in Wort und Schrift werden dem Träger eines solchen Selbstzensur-Moduls je nach Bedeutungsschwere des verwendeten Begriffs mittlere bis sehr starke Stromschläge versetzt, die ihm das Gefährdungspontenzial des verwendeten Wortes deutlich machen. "Die Dinger machen unsere Redaktionskonferenzen zum Event", verriet Trini Perleman, Ballett-Kritikerin der Washington Post. "Pina Bausch hätte ihre helle Freude gehabt!". Aus gewöhnlich gut unterrichteten Wallstreet-Kreisen ist durchgesickert, dass die NSA momentan weltweit die Restbestände von Georges Orwells Roman "1984" aufkauft, die anlässlich des Börsengangs in einem spektakulären Autodafé vor der New Yorker Börse verbrannt werden sollen.

Professor Xavier (Name aus Sicherheitsgründen geändert), CEO der NSA, sagte in einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz: "Wir haben alle bedeutenden Teilnehmer am Wertpapierhandel weltweit abgefragt. Das Interesse an den NSA Aktien ist enorm. Wir erwarten, dass der Börsengang mehrere tausend Milliarden Dollar in unsere Kassen spült. Diese neuen Finanzressourcen lassen uns unserer Vision ein gutes Stück näher kommen: der Global Player im Bereich Gedankenkontrolle zu sein! Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg und gilt es, möglichst schnell einige strategisch wichtige Nahziele umzusetzen. Um nur zwei zu nennen: Aufstockung der Minderheitsbeteiligung an Telekommunikationsunternehmen wie Deutsche Telekom, Telekom France, Vodaphone, NTT DoCoMo in Japan etc. in eine Mehrheitsbeteiligung, Aufkauf und völliger Umbau einiger irreversibel missliebiger, moralisch und wirtschaftlich bankrotter Staaten in unserem Hinterhof wie Costa Rica und Venezuela."

In einer ersten Stellungnahme ließ der amerikanische Präsident Obi van Knobi (Name aus Sicherheitsgründen geändert) verlauten: "Ich habe Millionen neuer Jobs versprochen! Bei der NSA entstehen sie!"


Die Meinungsfreiheit schließt das unbequeme Recht auf Kritik, Witz, Satire, das Spiel mit Symbolen und Respektlosigkeit gegenüber Autoritäten ein.

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Quelle:
© 2013 by Werner Geismar, Remagen
mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juli 2013