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GLOSSE/015: Plant CSU Privatisierung der bayerischen Justiz? (Werner Geismar)


Genial: Frisches Geld für die Bayerische Staatskasse

Plant CSU Privatisierung der bayerischen Justiz?

von Werner Geismar, Juli 2013



Laut internen Berechnungen des bayerischen Finanzministeriums würde allein die Umwandlung der bayerischen Amtsgerichte in Eigentumswohnungen für Besserverdienende mehr als eine halbe Milliarde Euro in die bayerischen Staatskassen spülen. Aber dies ist nur einer von vielen erfreulichen Finanzaspekten einer Privatisierung. Laut statistischem Bundesamt leben bayerische Richter besonders lange. Durch eine Privatisierung des gesamten Justizapparates würden in einem Zeitraum von zehn Jahren circa 6,8 Milliarden Euro an Renten gespart.

Für die Justizvollzugsanstalten in Bayern gibt es angeblich schon mehrere ernsthafte Kaufinteressenten. Saldi Süß soll ein lukratives Übernahmeangebot unterbreitet haben. Offensichtlich will man die gesamte Inneneinrichtung der Haftanstalten konsequent auf die zwar spartanischen, aber praktischen Regalsysteme von Saldi Süß umrüsten und allen überflüssigen Schnickschnack weglassen.

Als einzige Partei hat sich bisher die bayerische FDP zu den Privatisierungsplänen der Justiz bekannt. "Unsere bayerische Justiz ist hoffnungslos veraltet", heißt es in einer Presse-Erklärung der FDP. "Es ist höchste Zeit, dass die bayerische Justiz endlich ihre Binde von den Augen nimmt und auch in diesem Sektor das freie Spiel des Marktes zum Tragen kommt. Angebot und Nachfrage werden endlich auch in Bayern das Gerichtswesen effektiver und produktiver machen."

Bei einem informellen Journalistengespräch ließ sich eine führende Politikerin nach unbestätigten Meldungen zu folgenden Bemerkungen hinreißen: "Wir haben ganz deutlich gesehen, dass eine unabhängige Justiz bei uns in Bayern den politischen Gestaltungswillen in höchsten Maße gelähmt und behindert hat. Eine Eigentümer geführte Justiz kann viel effektiver und schneller durchgreifen. Hier eröffnen sich der Justiz ganz neue Perspektiven auch im Sinne des Bevölkerungsschutzes: Die Todesstrafe wird nicht länger ein Tabu sein. Einweisung von subversiven Nestbeschmutzern in psychiatrische Anstalten wird wieder in die Normalität eines gesunden Rechtsempfindens zurückgeführt werden können." Einer eventuellen Verfassungsklage sieht die Politikerin gelassen entgegen. "Die Verfassungsrichter müssen sich bloß vor Augen führen, dass eine Privatisierung auch vor dem Verfassungsgericht nicht Halt machen wird. Dann werden sie die Privatisierungsgesetze schon durchwinken", verbreitet sie Optimismus.

Eine Stellungnahme des Richterbundes liegt noch nicht vor. Nur ein bayerisches Mitglied des Verkehrsgerichtstages hat sich aus der Deckung gewagt. "Wir bayerischen Verkehrsrichter hätten durch eine Privatisierung der bayerischen Justiz endlich eine Handhabe gegen die unerträglichen Staus zu Ferienbeginn auf den bayerischen Autobahnen. Wir würden durch fliegende Standgerichte und Massenliquidierungen nicht bayerischer Stauteilnehmer dieses Problem zügig in den Griff bekommen."

Die Meinungsfreiheit schließt das unbequeme Recht auf Kritik, Witz, Satire, das Spiel mit Symbolen und Respektlosigkeit gegenüber Autoritäten ein.

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Quelle:
© 2013 by Werner Geismar, Remagen
mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juli 2013