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HEXE/001: Präsidiale Worte - Schmunzelspieß (SB)


Präsidiale Worte


Die Redakteure des BUDEN-Verlags haben dem Volk einmal mehr aufs Maul geschaut und das Wort "wulffen" wiederentdeckt. Zunächst war die frühe, hitzige verlagsinterne Debatte, ob "wulffen" als neues deutsches Wort für das Beschimpfen von Anrufbeantwortern in den Rechtschreib-BUDEN aufgenommen werden sollte, ohne Ergebnis auf mindestens zwei Jahre vertagt worden. Jetzt hat der Alltagsgebrauch des Wortes ihm doch schneller zu lexikalischer Bedeutung verholfen als gedacht. "Wulffen" macht seit dem Rücktritt des 10. Bundespräsidenten der BRD unentwegt als Vollverb auf Schulhöfen, in Wirtshäusern und am Fließband die Runde. Bundesweit folgen Menschen ihrem sprachlichen Instinkt und ersetzen überstrapazierte Begriffe wie "mobben", "ausgrenzen" oder das viel zu unbestimmte "quälen" durch das präzise wie BILDhafte Wort "wulffen".

Die Verantwortlichen beim BUDEN-Verlag haben das starke Verb daher mit der im Volksmund verbreiteten, präzisen Bedeutung in der Neuauflage ihres BUDENS festgeschrieben:

wulffen; ich wulffe, sie haben mich gewulfft (neu-dt.) - aktive, multimediale, moralgestützte Bezichtigung und Demontage vorzugsweise einer Person (fand mit der Affäre und dem Rücktritt des 10. Bundespräsidenten Christian Wulff im Jahr 2012 Eingang in die dt. Sprache) Imp.: wulffe, wenn es Dir nützt!

Im Zuge dieser Neuaufnahme hat die BUDEN-Redaktion einem weiteren präsidialen Wort einen festen Platz im Standard-Nachschlagewerk der deutschen Sprache eingeräumt:

köhlern; ich köhlere, er/sie/es köhlern (neu-dt.) - nicht verwandt mit Köhlerei, Köhlerglaube (blinder Glaube); köhlern geht auf den 2010 zurückgetretenen 9. Bundespräsidenten der BRD, Horst Köhler, zurück und bezeichnet das absichtslose, unerwünschte Äußern von Wahrheiten über Politik und Wirtschaft in der deutschen Öffentlichkeit.

Folgerichtig und zeitgemäß ergibt sich die Frage: Was ist mit "gaucken"? Auf Nachfrage stellte uns der BUDEN-Verlag ein internes Papier zur Verfügung, das den Versuch der diensteifrigen Redakteure dokumentiert, dem zukünftigen Bundespräsidenten Joachim Gauck ebenfalls ein Verb nebst Bedeutung zuzuschreiben. Es mutet allerdings wie eine hilflose Sammlung abstruser Ideen an:

gaucken; ich gaucke (neu-dt.), bekannt durch Joachim Gauck, den 11. Bundespräsidenten der BRD. Bezeichnet das Bewachen, Schwärzen und gezielte Veröffentlichen von Staasiakten / Benennt den seltenen Umstand überparteilicher Einigkeit unter Ausschluss der Linken im Politikalltag der Bundesrepublik des Jahres 2012 / verbalisiert den Jubel für Freiheit und Verantwortung bei gleichzeitiger Ignoranz sozialer Probleme in Deutschland / ist synonym für das Bekennen ungewaschen in der Bundespressekonferenz zu sitzen.

Diese verwirrende Materialsammlung macht deutlich: "gaucken" schafft es nicht in das aktuelle BUDEN-Nachschlagewerk. In der entsprechenden Begründung des Verlages heißt es: "Gaucken" habe keine unabhängige, allgemeingültige Bedeutung, keine sprachinnovative Aussage - einfach keinen tieferen Sinn.

1. März 2012