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SCHLUCKAUF/0045: Hör zu - Nachtisch & Satire (SB)


Hör zu


Aufgrund der letzten PISA-Studie und der verschärften Aufnahmekriterien für Gymnasien neigen Eltern bei der Spracherziehung ihrer Kinder inzwischen zu übertriebenem Ehrgeiz. Dabei wird Sprache oft zum Selbstzweck und die Vermittlung von Inhalten tritt weit hinter einen rigorosen Verbalformalismus zurück. Die folgende Begebenheit ist ein Beispiel für die Konsequenzen dieser Entwicklung.

Der 32jährige Gustav Strebmüller wurde vor den Augen seines Sohnes Markus auf einer Kuhweide von einem angreifenden Bullen tödlich verletzt. Hier der von einem Kinderpsychologen in Anlehnung an die Angaben des Vierjährigen nachgezeichnete Dialog, der unmittelbar vor dem Unglücksfall stattfand:

Markus: Papa, Martus will zu Mama.

Vater: Mar-Kus will zu Mama, Mar-Kus! Ich sag's dir gern auch noch hundertmal vor.

Sohn: Oh Papa, da, da! Tuh tommt! Tuh tommt!

Vater: Nun gib dir wenigstens ein bißchen Mühe. Sonst bist du im Herbst in der Vorschule gleich ganz hintenan. Das heißt: Papa, kommst du. Und nicht: tu tommt.

Sohn: Nein, nein! Papa, Tuh tommt! Tuh tommt!

Vater: Werd' auch noch frech. Besteh' auf deinem Kauderwelsch. Ich geb' mir weiß Gott alle Mühe. Glaub' bloß nicht, daß ich dir später mit 'ner Fünf in Deutsch bei der Stellensuche helfe.

Sohn: Papa, Papa! Tuh böse!

Vater: Jetzt bin ich auch noch böse? Na toll! Wenn du das wenigstens vernünftig aussprechen würdest, wär' ich schon froh.

Sohn: Papa! Tuck! Tuck! Da!

Vater: Schrei gefälligst nicht so. Und eines sag' ich dir, Sportsfreund. Dieses Gestammel gewöhn' ich dir ab. Auch wenn du mir jeden Satz zehnmal wiederholen mußt. Und sieh gefälligst her, wenn ich mit dir rede! Was starrst du so an mir vorb - aaaaaaahhhhhhhhhh!!!

Die von Markus alarmierten Spaziergänger konnten dem schwer verletzten Gustav Strebmüller nicht mehr helfen.

7. Juli 2009