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SCHLUCKAUF/0099: Eigentümliche Entwicklung - Nachtisch & Satire (SB)


Eigentümliche Entwicklung


Wenn es ums Eigentum geht, bekommt Vater Staat einen verkniffenen Mund. Kaum etwas sieht er so eng wie den Schutz des Eigentums. Wer das Eigentum als unabdingbares Menschenrecht auch nur zu hinterfragen wagt, riskiert Observation durch den Verfassungsschutz und eventuell sogar Schlimmeres.

Wenn es um das Wohl des Kindes geht, gibt Vater Staat sich dagegen eher stiefväterlich desinteressiert. Und immer mehr Bürger folgen seinem Beispiel. Doch genau das soll jetzt anders werden!

Unter Berücksichtigung der Hinwendung unserer Gesellschaft zu materiellen Werten und einhergehend mit der Auflösung familiärer Bindungen und Verbindlichkeiten, hat das Bundesverfassunggericht nun endlich die Konsequenzen gezogen und das Kind mit sofortiger Wirkung zum Eigentum seiner Eltern erklärt. Eltern sind nicht länger gesetzliche Vertreter, sondern rechtmäßige Eigentümer ihrer Kinder.

Auf diese Weise kommen Kinder endlich in den Genuß sämtlicher vom Staat zum Schutze des Eigentums bereitgestellten Mittel sowie der zum pfleglichen Eigentumserhalt gewährten Unterstützung. Zudem kann die mit dem Eigentumsstatus einhergehende Möglichkeit der Veräußerung, die ohnehin unter der Hand als Menschenhandel praktiziert wird, nun gesetzlich geregelt und in überschaubare Bahnen gelenkt werden. Beispielsweise soll in dem neuen Gesetz ein staatliches Vorkaufsrecht auf jedes in Deutschland geborene Kind verankert werden, um unkontrollierte Exporte zu verhindern.

Auch Adoptionen werden unkomplizierter, weil der rechtmäßige Erwerb eines eigenen Kindes schlichtweg sehr teuer ist und sich komplizierte Überprüfungen der Finanzlage der Bewerbereltern schon dadurch erübrigen.

Angedacht, aber noch nicht realisiert, wurde der Vorschlag, Kinder grundsätzlich zum Eigentum des Staates zu erklären und den leiblichen Eltern lediglich ein Vorkaufsrecht einzuräumen. Denn aus sozialwissenschaftlichen Studien geht eindeutig hervor, daß Menschen mit Dingen, für die sie viel Geld bezahlt haben, sehr viel achtsamer umgehen. Bleibt also zu hoffen, daß dieser Vorschlag bald juristisch in die Tat umgesetzt wird - den Kindern zuliebe.

24. Januar 2012