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BERICHT/209: Die Brights und ihre Ziele (ha)


humanismus aktuell Heft 23 - Frühjahr 2009
Hefte für Kultur und Weltanschauung

Die Brights und ihre Ziele

Von Andreas Müller


Entstehung der Brights

Die Brights sind eine Internet-Vereinigung von Naturalisten, also von Menschen, die nicht an das Übernatürliche glauben. Sie bilden eine Bewegung, die vor allem das Ziel gesellschaftlicher Gleichberechtigung verfolgt. Prominente Vertreter sind Richard Dawkins (Zoologe und Autor von Der Gotteswahn), Daniel Dennett (Philosoph und Autor von Den Bann brechen), Michael Shermer (Gründer der Skeptic Society), Steven Pinker (Neurowissenschaftler und Autor von Das unbeschriebene Blatt), James Randi (Zauberkünstler und Skeptiker), Gerhard Vollmer (Wissenschaftstheoretiker), Hans Albert (Philosoph), Sheldon Lee Glashow (Nobelpreisträger Physik), Richard J. Roberts (Nobelpreisträger Chemie) u.a.

Auf der offiziellen Website der Bewegung [1] findet sich unter "Reason and Purpose" (Sinn und Zweck) die Einschätzung, dass es sehr viele Naturalisten gibt, sich die meisten von ihnen jedoch nicht organisieren, sich nicht einmal als solche "outen". Sie würden nicht aktiv für ihre Interessen und für ihre Rechte als Naturalisten eintreten. Inwiefern diese Hypothese im Hinblick auf die USA zutrifft, soll im Folgenden erörtert werden. Gleichzeitig geht es um die Entstehung der Brights-Bewegung, die dort ihren Ursprung hat. Die Analyse ihres Ursprungs und dessen Bedingungen soll zum Verstehen der Bewegung beitragen.


Situation in den USA

Die Prinzipien der Brights-Bewegung lassen sich auf die Lage in den USA zurückführen. Damit die Bewegung international handlungsfähig ist und auf die Eigenarten der jeweiligen Gesellschaft eingehen kann, sind nur Hauptziele und Definition der Brights überall verbindlich. Die Prinzipien und weitere Details müssen nicht so streng befolgt werden, auch wenn sie als Richtlinien gelten. In diesem Zusammenhang stellt sich das Problem, wie viele Gläubige es in den USA gibt und wie groß das Potenzial für die Brights in ihrer Herkunftsnation ist?

Laut einer Gallup-Umfrage von 2007 gehen 40% der US-Amerikaner regelmäßig in die Kirche und 15% tun das nie. Bemerkenswert ist, dass nur 42% dieser 40% Kirchgänger religiöse Gründe hierfür angeben. [2]

5 %: Andere/keine bestimmten Gründe
12%: Glaube an Gott/Religion
12%: Ich wurde so aufgezogen/Orientierung der Familie/Tradition
13%: Verbundenheit mit anderen Mitgliedern/Gemeinschaft
15%: Es ist mein Glaube
15%: Um Gott zu verehren
20%: Orientierung/Inspirierung
23%: Für spirituelles Wachstum und Führung

Auf die Frage, warum Sie in die Kirche gehen, gaben folgende Antworten: Die Einschätzung, ob eine Person religiös ist oder nicht, hängt selbstredend von der Definition von "Religion" ab. Der Bright Daniel Dennett definiert sie wie folgt: Religionen sind "soziale Systeme, deren Teilnehmer sich zum Glauben an einen oder mehrere übernatürliche Agenten bekennen, deren Wohlwollen angestrebt werden muss." [3]

Wird diese Definition den Befunden unterlegt, sind mindestens 40% der regelmäßigen Kirchgänger nicht religiös. Nur wer sagt, dass es sein Glaube ist, dass er Gott verehren möchte, dass er spirituelles Wachstum und Führung anstrebt (selbst das ist ziemlich vage) oder an Gott beziehungsweise die Religion glaubt, kann als religiös gelten. Tradition und Gemeinschaft können für einen wirklich gläubigen Menschen nicht die Hauptgründe sein, den Gottesdienst zu besuchen. Genauso wenig eine "Inspirierung" oder "Orientierung", was eher auf Unsicherheit hinweist als auf Glauben. Wer schließlich keine bestimmten Gründe angeben kann, für den ist Gott nicht Grund genug.

Wenn man weiter davon ausgehen möchte, dass 40% regelmäßig in die Kirche gehen, so stünde man, wie Christopher Hitchens anmerkte, vor einem weiteren Problem: Es gibt bei weitem nicht genug Kirchengebäude in den USA, um so viele Gläubige regelmäßig aufzunehmen. Das bedeutet, dass ein Teil dieser 40% bei den Umfragen gelogen hat.

Laut einer Pew-Studie von 2008 [4] sind 16,1% der Amerikaner konfessionell ungebunden. Davon sind 12,1% "nichts Bestimmtes" und 5,8% von diesen "religiös unbestimmt". Laut Dennett-Definition sind diese Menschen nicht religiös, weil sie keinem sozialen System angehören, das am Wohlwollen einer Gottheit interessiert ist. Zwar mögen dennoch nicht die gesamten 16,1% aus Naturalisten bestehen, aber ein großes Potenzial tut sich hier für die Brights durchaus auf. Doch genügen diese Zahlen noch nicht, um zu einer abschließenden Bewertung der Situation gelangen zu können.

Laut Gallup-Umfrage von 2007 [5] halten 53% der Amerikaner die Evolutionstheorie für definitiv oder wahrscheinlich wahr, während sie 44% der Amerikaner für definitiv oder wahrscheinlich falsch halten. Zur gleichen Zeit meinen 66%, der Kreationismus (wörtliche Auslegung des biblischen Schöpfungsmythos) sei definitiv oder wahrscheinlich wahr und nur 31% halten ihn für definitiv oder wahrscheinlich falsch. Diese Zahlen sind ebenfalls widersprüchlich, weil sich 53% Evolutionsbefürworter mit 66% Schöpfungsbefürwortern überschneiden.

Eine Erklärung könnte darin bestehen, dass in den USA christliche Begriffe kulturgeschichtlich aufgewertet und mit Moral verknüpft wurden. Die Amerikaner neigen sehr dazu, ihre Treue zum christlichen Glauben und dessen Aussagen zu versichern, obwohl sie diese gar nicht tatsächlich vertreten. Die Betonung, man sei ein Christ, scheint inhaltlich der Versicherung, man sei ein moralischer Mensch, zu entsprechen.


Wahre Gläubige

Trotzdem ist der christliche Fundamentalismus ein ernstzunehmendes Phänomen in den USA. Eine Gallup-Umfrage von 2007 [6] zeigt, dass 31% der Amerikaner die Bibel für das Wort Gottes halten, das man wörtlich interpretieren müsse. 47% meinen dagegen, die Bibel sei nur durch Gott inspiriert, während 19% aussagen, es handle sich lediglich um alte Märchen, Geschichten oder Legenden.

Aus diesen und anderen Zahlen kann abgeleitet werden, dass etwa 30% der US-Amerikaner christliche Fundamentalisten sind. Sie finden sich vor allem unter den Evangelikalen wieder, die aktuell 26% der US-Bevölkerung ausmachen. [7] Evangelikale glauben, dass Jesus ihr persönlicher Erlöser ist, dass er bald auf die Erde zurückkommt, um die Endzeit einzuläuten - was sie für gut halten -, und dass die Bibel das unfehlbare Wort Gottes ist.

Allerdings kann man anhand der bereits genannten Pew-Studie auch feststellen, dass 44% der Amerikaner ihre Konfession innerhalb des Christentums in ihrem Leben schon einmal gewechselt haben. Ist davon auszugehen, dass diese Entscheidung aus religiösen Gründen erfolgte?

Christopher Hitchens interpretiert die Motivation dieser Gruppe anders: Wenn zum Beispiel ein Protestant eine Katholikin heiratet und ihren Glauben annimmt, dann wird er nicht auf einmal eine Reihe neuer Heiliger anbeten und plötzlich einsehen, dass er bislang an fünf Sakramente zu wenig glaubte. Vielmehr wird dieser Konfessionswechsel in der Regel nicht aus religiösen Gründen erfolgen. Wahrscheinlich nehmen die Konfessionswechsler ihre Religion nicht gerade sehr ernst. Schließlich lautet die Strafe für das Verlassen einer bestimmten Konfession in der Regel die ewige Verdammnis.

Einen Einwand hierauf gibt es jedoch: Laut einer Gallup-Umfrage [8] von 2006 wechseln die meisten Religiösen - rund 80% - laut Selbstaussage tatsächlich aus religiösen Gründen ihre Konfession. Leider ist schwer festzustellen, inwiefern das der Wahrheit entspricht. Schließlich ist es peinlich für die Befragten anzugeben, ihre Konfession nur aus "niederen Motiven" gewechselt zu haben.


Geburt des Begriffs "Bright"

Der Atheismus, wahrscheinlich vor allem der Begriff "Atheismus" und mit diesem fälschlicherweise verbundene Assoziationen, hat in den USA ein sehr niedriges Ansehen. Eine Gallup-Umfrage [9] von 2007 zeigt, dass nur 45% der US-Amerikaner einen atheistischen Präsidenten wählen würden. Immerhin 55% wären offen für einen homosexuellen Präsidenten. Dies passt zu der Tatsache, dass sich acht von zehn Amerikanern mit dem Christentum identifizieren.

Aber, wie Hitchens bemerkt: Wie viele Amerikaner hätten bei einer Umfrage schon geantwortet, dass sie einen geschiedenen Ex-Schauspieler (Ronald Reagan) wählen würden, oder einen Trinker und Deserteur (George W. Bush)? Zudem waren auch Lincoln und Jefferson keine Christen. Dieser Umfrage kann, wie auch den anderen, mit gutem Recht misstraut werden.

Der Begriff "Atheismus", das bloße, historisch mit negativem Inhalt gefüllte Wort ist es offenbar, das auf solche Ablehnung stößt. "Atheismus" wird in den USA assoziiert mit einer unmoralischen Haltung, mit Profitstreben und Materialismus. Ein "Atheist" gilt als oberflächlich und unromantisch, sogar als dumm. Man denkt dabei an verrückte Wissenschaftler aus Hollywoodfilmen. Zudem haben gläubige Theologen jahrzehntelang den Atheismus mit Stalin und Hitler verknüpft. Mit den tatsächlichen, in den USA lebenden Atheisten hat das nicht viel zu tun.

Zieht man das alles in Betracht, erscheint es eine nahe liegende Option zu sein, den Begriff "Atheismus" in den USA zu vermeiden. Zu diesem Zweck haben sich die beiden ehemaligen Lehrkräfte Paul Geisert und Mynga Futrell dazu entschlossen, ein Wort zu entführen. Damit ist keine Entführung im Sinne einer Flugzeugentführung gemeint, sondern, sprachwissenschaftlich ausgedrückt, eine Erweiterung der Wortkonnotationen bei gleichzeitiger Veränderung der Wortart, irgendwann vielleicht sogar eine Ergänzung der Wortdenotation.

Die Erfinder orientierten sich dabei an der Schwulenbewegung, die sich das Adjektiv "gay", ("fröhlich") sozusagen "auslieh". Im Laufe der Zeit gewann "gay" die Nebenbedeutung "schwul". Dies wurde dann wiederum ausgeweitet auf Schwule als Substantiv. Man sagt also, jemand ist ein "gay". Inzwischen hat sich die Nebenbedeutung in eine Hauptbedeutung verwandelt: Gays sind Schwule. Das Wort wird kaum noch im Sinne von "fröhlich" verwendet.

Nach demselben Prinzip hofft man, dass das Adjektiv "bright" ("hell") als Substantiv die Bedeutung "Naturalist" erhalten wird. Ob Brights auch "bright" (schlau) sind, ist eine davon ganz unabhängige Frage, jedenfalls sind Brights keine bösen "Atheisten" mehr, sondern Menschen, die mit dem "Enlightenment" (Erleuchtung), mit der Aufklärung, verbunden sind. Daher kommt auch die Lichtmetaphorik des Begriffs "bright" (hell), der für die Tradition der Aufklärung steht.


Was ist ein Bright?

Laut Eigendefinition ist ein Bright "eine Person mit einem naturalistischen Weltbild. Das Weltbild eines Bright ist frei von übernatürlichen und mystischen Elementen. Die Ethik und Handlungen eines Bright basieren auf einem naturalistischen Weltbild", wie es auf der offiziellen Website heißt.

Ein Bright ist also weder ein "Super" (von "supernatural": "übernatürlich"), noch ist er ein "Murkie" (von dt. "Murks": "Unsinn / nebulöses Gerede"), insofern man Daniel Dennetts ergänzenden Wortkreationen folgt. Auch ist es entscheidend, dass ein Bright wirklich auf Grundlage seines Weltbilds handelt und nicht etwa, wie einige "bloße" Atheisten, seine Möbel nach Regeln des Ahnenkults Feng Shui ordnet. Ein Bright glaubt nicht an Gott, aber auch nicht an Elfen, an den Osterhasen oder an die Seelen seiner Ahnen.

"Bright" ist als positiver Begriff für Menschen mit naturalistischem Weltbild erfunden worden. Er soll nicht zur Abwertung anderer Weltbilder dienen. Dass man ihn falsch verstehen kann, ist allerdings Teil des Plans: Geisert und Futrell haben absichtlich einen provokativen Begriff ausgewählt, um Medienaufmerksamkeit zu erzeugen. Das ist ihnen gelungen.

Wenn man "bright" (schlau) ist, sind dann die anderen Leute "dim" (geistig schwach)? Die Implikation ist nicht zwingend - streng genommen -, da es sich um ein Substantiv handelt, gar nicht möglich, aber dennoch vorhersehbar. Dieses Opfer wurde gebracht, um Naturalisten Gehör zu verschaffen. Der Plan ist zwar aufgegangen, doch gleichzeitig wurde der Begriff in den Medien als arrogante Selbstbeweihräucherung verstanden.

Nicht alle Brights nennen sich Atheisten. Vielmehr vereinen die Brights eine ganze Reihe philosophischer Weltbilder unter einem Dachbegriff. Dazu gehören Humanisten, Skeptiker, Agnostiker, Freidenker oder auch Pantheisten und Taoisten. Momentan gibt es eine weite Streuung von Selbstbezeichnungen innerhalb der "säkularen Szene". Sind Humanisten, Freidenker, Atheisten, Skeptiker etc. wirklich aktive Organisationen, die für ihre gemeinsamen Interessen eintreten?

In der Realität wohl eher nicht. Einige sind organisiert, die meisten nicht, und die organisierten Ungläubigen werden sich nicht einig. Wenn sie jedoch größere Toleranz erreichen, dann erreichen sie auch mehr Teilnehmer. Und die Schaffung eines kleinsten gemeinsamen Nenners und einer damit verbundenen, freien und offenen Bewegung, ist eine durchaus erwägenswerte Strategie, um für gemeinsame Interessen einzutreten. Zumindest ist das die Idee hinter den Brights.


Die Brights-Bewegung

Die Brights verstehen sich als eine Bewegung. Aber was ist das überhaupt? Die schwarze Bürgerrechtsbewegung war eine Bewegung. Martin Luther King war ihr bekanntester Vertreter, aber eben nicht ihr Anführer im Sinne eines verantwortlichen "Chefs". Es gab keine Anführer und keine Hierarchie.

Dennoch wurde die Bürgerrechtsbewegung akzeptiert, viele Menschen haben an ihr teilgenommen. Sie hatte einen großen Einfluss. Das wollen auch die Brights erreichen. Im Prinzip ist eine Bewegung ein freier Zusammenschluss von Individuen zur Erreichung gemeinsamer politischer Ziele. Ziel ist somit zunächst einmal die Schaffung einer gesellschaftlichen Identität für eine Bewegung, die die Gesellschaft erkennt und die von Politikern anerkannt wird.

Laut den drei Hauptzielen der Brights geht es ihnen erstens darum, das Verständnis und die gesellschaftliche Anerkennung des naturalistischen Weltbilds, das frei von übernatürlichen und mystischen Elementen ist, zu fördern. Zweitens möchten sie die öffentliche Aufmerksamkeit darauf richten, dass Personen mit einem solchen Weltbild wichtige gesellschaftliche Entscheidungen mit positiven Aktionen beeinflussen können. Ziel drei besteht darin, die Gesellschaft dazu zu bewegen, dass sie die vollständige und gleichberechtigte Teilhabe solcher Individuen an der Gesellschaft akzeptiert.

An diesen drei Zielen ist zunächst der US-amerikanische Ursprung der Bewegung ablesbar. In Deutschland sind Atheisten keine derart verachtete Minderheit. Dennoch sind die Ziele auch hier sinnvoll: Man möchte über den Naturalismus aufklären und man möchte die demokratischen Mittel ausschöpfen, um die Gleichberechtigung von Naturalisten zu erreichen. Das heißt nichts anderes, als dass man anderen Weltanschauungen ihre Vorrechte nehmen möchte, die sie illegitimerweise haben. Oder, dass man sich selbst diese Vorrechte ebenfalls beschafft, wodurch Vorrechte zu allgemeinen Rechten würden. Das Brights-Konzept ist für beide Möglichkeiten offen. Bei den Brights kann man sich zwar registrieren, wenn man mit diesen Zielen einverstanden ist, die einzige direkte praktische Konsequenz daraus ist aber das Erhalten eines Newsletters, den man auch abbestellen kann. Eine herkömmliche Mitgliedschaft wie in einem Verein ist nicht vorgesehen. Die Teilnahme an der Bewegung ist freiwillig und kostenlos, selbst die Registrierung dient nur der zahlenmäßigen Erfassung von Naturalisten und ist freiwillig.

Die Brights verwenden zur Organisation von Aktionen und zum Austausch miteinander das Internet. Das heißt nicht, dass Brights nur online aktiv wären, sondern dass sie sich online organisieren. Natürlich kann man auch eine "reale" Straßendemo online organisieren. Oder "reale" Regionalgruppen und Stammtische. Die Bewegung ist basisdemokratisch. Jeder kann also Aktionen vorschlagen und sie organisieren, daran teilnehmen oder auch nicht. Es herrscht individuelle Unabhängigkeit. Es gibt weder eine Hierarchie noch eine zentrale Leitung.

Jede Person entscheidet selbst, ob sie ein Bright ist. Niemand wird als Bright getauft oder gegen seinen Willen als solcher geoutet. Auch Kinder haben sich schon freiwillig den Brights angeschlossen. Es gibt kein Dogma, kein Manifest und keine philosophischen Einschränkungen. Brights ist ein Begriff für alle Menschen, die nicht an das Übernatürliche glauben und somit ein Synonym für "(ontologischer) Naturalist".

In Deutschland gibt es zahlreiche potenzielle Brights. Darunter laut fowid [10] vor allem die 25,7% der Bevölkerung, die sich 2002 als Atheisten bezeichneten, unter diesen auch über 20% der evangelischen und 9% der katholischen Kirchenmitglieder.

Die Brights sind also eine Internetvereinigung für jeden, mit einem klaren Ziel und einer klaren Definition. Zudem sind die Brights nicht dezidiert antireligiös, eine Zusammenarbeit an gemeinsamen Projekten mit Religiösen ist also möglich. Als Teil der Bewegung versteht sich der neu gegründete deutsche Brights Förderverein Brights-FG e.V. [11] Er dient der Finanzierung von Aktionen der Bewegung, ist aber auch selbst Organisator. Außerdem übernimmt der Verein die Pressearbeit für die deutschen Brights. Vorstand ist Peter Janotta. Ein Interview mit ihm über die Gründung des Vereins findet sich unter anderem bei Telepolis. [12]


Brights und Neue Atheisten

Es ist hier kurz auf die Unterschiede zwischen den Brights und den Neuen Atheisten einzugehen, die häufig verwechselt werden. Die Brights sind eine Bewegung von Individuen mit einem naturalistischen schen Weltbild, welche die politische Gleichberechtigung von Naturalisten anstrebt, ohne Religionskritik zu betreiben. Die Neuen Atheisten sind Intellektuelle, ebenfalls mit einem naturalistischen Weltbild, die öffentlich und medienwirksam die Religion bekämpfen.

Der Begriff der "Neuen Atheisten" war ursprünglich eine Medienerfindung. Ob jemand der Gruppierung angehört, wird dementsprechend von unterschiedlichen Journalisten verschieden bewertet. Überall anerkannte Kernvertreter sind Richard Dawkins, Sam Harris und Christopher Hitchens. Eine der Definition angemessene und aktualisierte Auflistung von Vertretern findet sich in der Übersicht zur entsprechenden Artikelreihe beim Humanistischen Pressedienst. [13]

Theoretisch sind sowohl Brights als auch Neue Atheisten internationale Gruppierungen. Faktisch treten die Neuen Atheisten aber vor allem in den USA, Kanada und in Großbritannien in Erscheinung. In Frankreich vertritt sie Michel Onfray. In Deutschland gehören meines Wissens nach nur der Physiker Dr. Bernd Vowinkel und ich selbst den Neuen Atheisten an. Michael Schmidt-Salomon, von den Medien vor kurzem noch als Hauptvertreter verstanden, widmet sich inzwischen dem "Neuen Humanismus", dessen weltanschauliche Grundlage identisch ist, aber die Religionskritik im Austausch mit einem naturalistischen Humanismus in den Hintergrund rückt.

Einige Brights sind gleichzeitig Neue Atheisten und einige Neue Atheisten sind gleichzeitig Brights. Bekannteste Beispiele: Daniel Dennett und Richard Dawkins. Dennoch sind die beiden Phänomene nicht identisch. Genauso kann jemand gleichzeitig ein Skifahrer und ein Marathonläufer sein. Einig sind sich beide Gruppierungen allerdings in ihrem naturalistischen Weltbild.

Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass die Brights von sich aus einen "Nichtangriffspakt" mit der Religion geschlossen haben (den die religiöse Seite, das muss man klar feststellen, in keiner Weise einhält), also mit Religionsvertretern zusammenarbeiten, um ihre Gleichberechtigung, den Frieden und ähnliche Dinge zu fördern. Die Brights wollen die Religion nicht bekämpfen.

Die Neuen Atheisten dagegen sind antitheistisch. Ihr Ziel ist die offensive Bekämpfung der Religion, die bestenfalls in ihrem Verschwinden, mindestens im Zurückdrängen ihres Einflusses resultieren soll. Damit stehen sie in der Tradition der englischen Rationalisten und der französischen Aufklärer des 18. Jahrhunderts wie David Hume, Julien de La Mettrie und Baron d'Holbach.

Dass Einzelpersonen beiden Gruppierungen angehören können, liegt in konzeptionellen Unklarheiten und Missverständnissen begründet, die daraus resultieren, dass Mynga Futrell und Paul Geisert sich ursprünglich nicht deutlich genug zur Rolle der Religionskritik geäußert haben. Erst durch einen Mailaustausch mit Paul Geisert war zu erfahren, dass Brights keine offensive Religionskritik betreiben sollen, weshalb ich selbst die Bewegung heute nicht mehr vertrete.

Kombiniert man diese Unklarheiten mit der Tatsache, dass keine zentrale Leitung besteht, verwundert es nicht, dass sich international Brights-Gruppierungen gebildet haben, die völlig unterschiedliche Strategien verfolgen, darunter einige dezidiert antireligiöse Abspaltungen. Zu den wenigen klar organisierten und effektiven Brights-Gruppierungen gehört das Brights' Net und der deutsche Förderverein.

Ob nun die weltweit etwa 40.000 registrierten Brights oder die Neuen Atheisten für den Erfolg verantwortlich sind, ist nicht exakt zu bestimmen, auch weil zum Teil Personalunion vorliegt. Man kann allerdings davon ausgehen, dass beide Gruppierungen einen Anteil an folgenden Entwicklungen haben:

2001 gab es in den USA 13,2% Nichtreligiöse, 2008 bereits 16,1%. [14]
Großbritannien schaffte im März 2008 das Blasphemieverbot ab, mit ausdrücklichem Bezug auf Richard Dawkins in der Diskussion im House of Lords. [15]
in den USA begann inzwischen die säkulare Lobbyarbeit.
Brights sind häufig Gäste in Talkshows zum Thema Weltanschauung und Religion in den USA, Europa und Kanada.

Auf der Basis eines Vortrages des Autors, auf der Tagung "Neuer Atheismus" und moderner Humanismus.

Website des Autors: http://www.terryrotter.de.vu; mehr über die deutschen Brights ist auf deren offizieller Website www.brights-deutschland. de zu erfahren sowie in deren Forum www.forum.brights-deutschland.de und auf der Vereinswebsite www.brights-fg.de. Weniger nahe am ursprünglichen Brights-Konzept ist der privat betriebene und religionskritische, aber sehr erfolgreiche Brights-Blog, zu finden unter: http://brightsblog.wordpress.com.


Anmerkungen

[1] http://www.the-brights.net (24.10.08).

[2] http://www.gallup.com/poll/27124/Just-Why-Americans-Attend-Church.aspx (24.10.08).

[3] Dennett, Daniel: Breaking the spell. Religion as a natural phenomenon. New York 2007, S.9 (eigene Übers.).

[4] http://religions.pewforum.org/reports (24.10.08).

[5] http://www.gallup.com/poll/21814/Evolution-Creationism-Intelligent-Designe.aspx (24.10.08).

[6] http://www.gallup.com/poll/27682/OneThird-Americans-Believe-Bible-Literally-True.aspx (24.10.08).

[7] http://religions.pewforum.org/reports (24.10.08).

[8] http://www.gallup.com/poll/23467/Look-Religious-Switching-America-Today.aspx (24.10.08).

[9] http://www.gallup.com/poll/26611/Some-Americans-Reluctant-Vote-Mormon-72YearOldesidential- Candidates.aspx (24.10.08).

[10] http://fowid.de/fileadmin/datenarchiv/Atheistenquote_2002.pdf (24.10.08).

[11] Offizielle Website: http://www.brights-fg.de (24.10.08).

[12] http://www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28465/1.html (24.10.08).

[13] http://hpd.de/node/1211 (24.10.08).

[14] http://religions.pewforum.org/reports (24.10.08).

[15] http.//hpd.de/node/4054 (24.10.08).


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Quelle:
humanismus aktuell, Heft 23 - Frühjahr 2009, Seite 35 - 41
Hefte für Kultur und Weltanschauung
Herausgegeben von der Humanistischen Akademie Berlin
diese Ausgabe in Kooperation mit der Humanistischen Akademie
Deutschland
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2009