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ENTWICKLUNG/007: Mercedes-Benz - Studie zur Senkung von Kraftstoffverbrauch bei Sattelzügen (G. Feldbauer)


"Aero-Trailer". Designstudie von Mercedes-Benz zur Senkung von Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen bei Sattelzügen

Hochinteressante Ergebnisse 25jähriger Aerodynamik-Forschung

von Gerhard Feldbauer, 26. November 2011


In einer Designstudie "Aero-Trailer" zeigt Mercedes-Benz jetzt auf, wie man den bei modernen Lkw wie dem neuen Actros(1) bereits verringerten Kraftstoffverbrauch und die damit auch gesenkten der CO2-Emissionen bei Sattelzügen nochmals verringern kann. Die Presse-Information aus Stuttgart stellt an die Spitze, dass Anströmkörper, Verkleidungen und Einzüge den Luftwiderstand um 18 Prozent senken, was zu einem verringerten Kraftstoffverbrauch von knapp fünf Prozent führt. Seine Konzeption stellt Mercedes-Benz erstmals anlässlich der Messe "Trailer 2011" vom 25.-29. November in Kortrijk/Belgien vor.

In der Aero-Trailer-Studie schlage sich das enorme Know-how der Entwickler und Aerodynamiker von Mercedes-Benz nieder. In enger Zusammenarbeit mit dem Nutzfahrzeug-Design sei der Luftwiderstand des neuen Premium-Trucks Mercedes-Benz Actros, der Anfang November 2011 auf den Markt kam, im Vergleich zum Vorgängermodell je nach Ausführung um 12 bis 15 Prozent verringert worden. Auf dieser Basis werde jetzt ein adäquater Trailer gestaltet, bei dem zahlreiche Einzelmaßnahmen den Luftwiderstand des gesamten Zugs drastisch verringern. Aus der Fülle der Details: Ein Anströmkörper vorn am Trailer reduziert den Abstand zur Zugmaschine und senkt den Luftwiderstand um ein Prozent. Seitenverkleidungen tragen acht Prozent zur Verbesserung bei. Sie sind vorne leicht eingezogen und hinten von einem Durchbruch gekennzeichnet, der die Luft in Richtung des markanten Heckdiffusors lenkt. Der Diffusor hat die Form eines Parallelogramms und schließt an die Verkleidung des Unterbodens an. Das verbessert den Luftwiderstand um ein bis zwei Prozent.


Jährlich 2000 l Diesel und mehr als fünf Tonnen CO2 weniger

Wesentlicher Bestandteil des aerodynamischen Konzepts ist ein Heckeinzug von etwas mehr als 400 mm Länge. Seine Elemente sind klappbar, um den Zugang zum Laderaum zu erleichtern. Der Heckeinzug verbessert den Luftwiderstand um weitere sieben Prozent. Insgesamt senke der Aero-Trailer den Luftwiderstand des gesamten Sattelzugs um zirka 18 Prozent. Daraus resultiere nach den Erfahrungen von Mercedes-Benz eine Verringerung des Kraftstoffverbrauchs im realen Straßenverkehr um fast fünf Prozent. Das bedeutet bei einer üblichen Laufleistung von 150.000 km im Jahr eine Ersparnis von rund 2000 l Dieselkraftstoff und eine Entlastung der Umwelt um mehr als fünf t CO2 jährlich.

Wesentlicher Punkt des revolutionären Umschwungs des Aero-Trailer ist, dass der Laderaum in seinen Maßen völlig unangetastet bleibt. Die gewohnte Box von 13,6 m Länge, 2,55 m Breite und vier Meter Gesamthöhe steht unverändert für die Fracht zur Verfügung. Einzige Einschränkung des Aero-Trailer: Sein Längenmaß geht, bedingt durch die Heckverlängerung, um knapp einen halben Meter über das heute zulässige Maß hinaus. Wendigkeit und Rangierfähigkeit werden durch den Einzug jedoch nicht beeinträchtigt. Hier wird an den Gesetzgeber appelliert, der bereits Ausnahmen in ähnlicher Größenordnung für Ladebordwände oder Mitnahmestapler zulasse. Verkehrsbehinderungen wie sie bei der Erprobung von Gigalinern auftreten, sind ausgeschlossen.

Der Aero-Trailer ist Aushängeschild einer neuen Initiative "Truck and Trailer 7plus" von Mercedes-Benz. Sie soll durch eine ganzheitliche Betrachtung von Sattelzugmaschine und Trailer den Kraftstoffverbrauch und damit gleichzeitig die CO2-Emissionen von Sattelzügen nochmals deutlich senken. Diese Initiative geht von dem nachgewiesen niedrigeren Kraftstoffverbrauch des neuen Actros von mehr als sieben Prozent im Vergleich zum bereits anerkannt sparsamen Vorgängermodell aus. Den Verbrauchsvorteil erreichte der neue Actros in diesem Jahr, der bei einem "Record-Run" mit 25,1 zu 27,1 Liter/100 km einen Minderverbrauch von 7,6 Prozent erzielte. Folgende Werte ermittelte Mercedes-Benz unter neutraler Aufsicht: Auf 40 Tonnen ausgeladene Sattelzüge pendelten unter identischen Bedingungen jeweils 10 000 km zwischen Rotterdam/Niederlande und Stettin/Polen. Im Konzept von "Truck and Trailer 7plus" will Mercedes-Benz den hier erreichten Verbrauchsvorteil in enger Zusammenarbeit mit den Trailerherstellern weiter ausbauen.


Intensive Versuche im Windkanal

Intensive Versuche im Windkanal und auf der Straße beweisen, so die Studie, dass weitere deutliche Verbrauchsfortschritte für Sattelzüge möglich sind. So hat Mercedes-Benz im werkseigenen Windkanal gemessen, dass eine Seitenverkleidung des Trailers den Luftwiderstand um acht Prozent verringert. Bei Versuchsfahrten auf der Strecke des Record-Run mündete das in einen realen Verbrauchsvorteil von rund zwei Prozent für einen 40 Tonnen schweren Sattelzug. Daraus ergebe sich im Fernverkehr bei einer typischen Jahresfahrleistung von 150.000 km eine Ersparnis von etwa 750 l Kraftstoff und eine Umweltentlastung um 2000 kg CO2-Emissionen.

Auf Anregung von Mercedes-Benz hat außerdem eine Arbeitsgruppe von Lkw- und Trailerherstellern unter dem Dach des Verbands der Automobilindustrie (VDA) weitere Versuche zur Aerodynamik von Sattelzügen unternommen. Im Rahmen dieser Studie führten Messungen im Windkanal von Mercedes-Benz zum Ergebnis, dass Änderungen am Fahrerhaus wie eine vermeintlich windschlüpfige Verlängerung nur zu geringen Verbesserungen des Luftwiderstands führen.

Viel größer sei dagegen das Potenzial aerodynamischer Maßnahmen am Heck des Trailers. So resultierten aus einer leichten Verlängerung des Hecks in Form eines "Boat-Tails" deutliche Vorteile. Vier schräg angestellte nur 400 mm lange Klappen verringern den Luftwiderstand des gesamten Sattelzugs um fast zehn Prozent. Dies entspricht rechnerisch fast drei Prozent weniger Kraftstoffverbrauch oder mehr als 1000 l Dieseltreibstoff im Jahr. Gleichzeitig erspart dies der Umwelt über 2600 kg CO2-Emissionen. Dies bewiesen auch die Simulationen, die für den Aero-Trailer durchgeführt wurden.

Mercedes-Benz arbeitet innerhalb seiner Initiative "Truck and Trailer 7plus" an weiteren ganzheitlichen Maßnahmen zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs. Als eines der Projekte wird eine Ergänzung der Reifendruckanzeige des neuen Actros durch eine Anzeige im Fahrerhaus auch für die Reifen des Trailers angeführt.

Das Tochterunternehmen FleetBoard - führend bei Telemetiksystemen für Nutzfahrzeuge - entwickelt zurzeit ebenfalls eine Integration des Trailers in seine Systeme. Daraus werden konkrete Möglichkeiten zur weiteren Anhebung der Wirtschaftlichkeit und damit der Umweltfreundlichkeit abgeleitet. Der nächstgelegene passende Trailer für einen Auftrag, die richtige Zuordnung von Truck und Trailer, die Übermittlung von Trailer-Daten in das Cockpit des Trucks sind weitere Aspekte, die als baldige Realität gesehen werden.

Eine andere Idee ist bereits Wirklichkeit: Seit Einführung der ersten Generation des Mercedes-Benz Actros vor 15 Jahren gehört das Unternehmen zu den führenden Herstellern von Trailerachsen in Europa. Herausragendes Produkt ist die einzigartige Trailerachse DCA Airmaster: Sie speichert die Druckluft für den Anhänger im Achskörper. Das spart die Luftkessel für den Trailer, senkt das Gewicht, und damit ebenfalls Kraftstoffverbrauch und Emissionen.


Know-how aus über 25 Jahren Forschung

TruckWorks ist ein weiteres Beispiel für die Integration des Trailers in ein Gesamtsystem. Mehr als 80 Standorte von Mercedes-Benz übernehmen inzwischen den Komplettservice für Zugmaschine, Trailer und Aufbauten sowie die damit verbundenen Komponenten. TruckWorks gewährleistet gleichbleibende Spitzenqualität an jedem Standort und spart den Betreibern von Sattel- und Lastzügen Aufwand und umständliche Wege. Auch das bedeutet weniger Kraftstoffverbrauch und eine Entlastung der Umwelt.

Die "Aero-Trailer"-Studie stützt sich auf die beim Premium-Truck Actros realisierte herausragende Wirtschaftlichkeit und hohe Effizienz. Auch der neue Actros sei allein 2600 Stunden akribisch im Windkanal optimiert, so intensiv und sorgfältig wie kein Lkw zuvor mit dem Ergebnis erprobt worden, dass er der sparsamste und damit sauberste Lkw seiner Klasse ist.

Die ganzheitliche Betrachtung von Truck und Trailer hat bei Mercedes-Benz eine lange Tradition. Bereits Mitte der achtziger Jahre untersuchten die Entwicklungsingenieure ausführlich die Aerodynamik ganzer Lastzüge. Sie erforschten dabei die Wirkung von Luftleitblechen, Seitenverkleidungen, Kantenradien und Heckeinzügen. Das seinerzeit ermittelte Grundlagenwissen wird auch heute als gültig erachtet und bildet das Fundament der aktuellen Untersuchungen. Seinerzeit stand noch nicht die Umweltschonung durch Verringerung des CO2-Ausstoßes im Vordergrund, sondern aus wirtschaftlichen Gründen allein die Kraftstoffeinsparung. Heute, rund 25 Jahre später, können bei der Initiative "Truck and Trailer 7plus" Umweltentlastung, Ressourcenschonung und Wirtschaftlichkeit nahtlos eingefügt werden.


(1) Vorgestellt in Schattenblick vom 1. Oktober 2011 unter "Daimler stellt neuen Mercedes Benz Actros vor".


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Quelle:
© 2011 by Dr. Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. November 2011